Mit der Schule ging es in fünf Jahrzehnten aufwärts und doch muss sie abgerissen werden. Am 20. Juli steigt ein XXL-Klassentreffen.
Wenn das Gymnasium in Ebern am 19. und 20. Juli seinen 50. Geburtstag feiert, dann gibt es ein Déjà-vu. Heute wie damals freuten sich Schüler und Lehrer auf ein neues Domizil. Vor 50 Jahren, als der Unterricht aufgenommen wurde, stand das Gebäude, das jetzt zum Abriss freigegeben wird, noch nicht zur Verfügung. 103 Schüler konnten damals aus der Grundschule an ein Gymnasium in Ebern wechseln. Aber diese "Pioniere" mussten in Provisorien untergebracht werden, anfangs in der Realschule, dann für zwei Schuljahre in der Berufsschule.
Für Eltern oft zu teuer
Der Durchbruch für die damalige Zeit war, dass es überhaupt so viele angehende Gymnasiasten in der Stadt und ihrem Einzugsbereich gab. Zuvor mussten Schüler aus Ebern mit dem Zug nach Bamberg ins Gymnasium fahren; wer vom Dorf kam, hatte meist allenfalls die Chance, im Internat zum Abitur zu gelangen. Doch welche Eltern konnten sich das leisten? Laut einer Studie hatten vor 1969 gerade mal 2,2 Prozent der Kinder aus dem Altlandkreis Ebern ein Gymnasium besucht.
Ziel war es daher, auch bildungsferne Schichten an die höhere Schulbildung heranzuführen. Ein erster Antrag war 1965 beim Kultusministerium gestellt worden. Dann gab es eine Entscheidung der Landesregierung, das Land flächendeckend mit weiteren Bildungseinrichtungen zu versorgen. An nur zwei Standorten in Bayern erprobte man das Projekt "kooperative Gesamtschule", das Wechsel zwischen den Schularten erleichtern sollte. Ebern war einer der Versuchsstandorte. Wegbereiter waren Realschuldirektor Heribert Keh und der erste Leiter des Gymnasiums, Klaus Vierbücher, der in "Eberner Blättern" pädagogisches Neuland beschrieb. Vision war es, einen Schulverbund auf Landkreisebene aufzubauen.
Bescheidene Anfänge
An die Anfänge erinnert sich Hiltrud Sperber, geborene May, die damals als erste hauptamtliche Sekretärin an vorderer Front mitarbeitete. Für sie war Klaus Vierbücher "der beste Chef, den ich je hatte, absolut ruhig und bescheiden". Wenn auch die Zettelwirtschaft auf seinem Schreibtisch chaotisch wirkte, "hat er doch immer den Durchblick behalten." Die Sekretärin durfte nur nichts durcheinanderbringen. Im Protokoll der ersten Lehrerkollegssitzung hieß es wörtlich: "Der Schulleiter begrüßte die andere Lehrkraft des Gymnasiums". Die Englischlehrerin Dagmar Roth, später Brendel, stand als einzige Gymnasiallehrererin zur Verfügung, die weiteren Lehrer waren "Leihgaben" der Haupt- und Realschule.
Für die Modellschule gelang es, zunehmend auch Schüler aus dem Norden des heutigen Landkreises Bamberg und aus dem Raum Coburg zu rekrutieren, einen Busverkehr zu organisieren, zeitweise Schulmilch und ein Mittagessen anzubieten. "Was viel später für die Ganztagsschule eingeführt wurde, haben wir eigentlich in den 70ern schon gehabt", sagt die heutige Seniorchefin eines Autohauses in Reckendorf.
Lebhafte Erinnerungen
Lebhafte Erinnerungen hat die Sekretärin an die Arbeit mit den Jahresberichten, die allesamt - fehlerfrei versteht sich - mit der Maschine auf Metallfolie getippt werden mussten, um sie dann von Hausmeister Joseph Gebhard auf dem Vervielfältigungsapparat abziehen zu lassen. 200 Exemplare galt es zu sortieren, per Hand zu leimen und mit schwarzem Kleberücken zu binden. Hiltrud Sperber: "Wie wahnsinnig schnell sich alles verändert hat."
Mit dem Feldstecher konnte die Sekretärin vom Büro aus beobachten, wie gegenüber am Losberg graue Klötze in seltsam verschachtelter Betonbauweise aus dem Boden wuchsen. Dieser Gymnasiums-Neubau stand dann endlich zum Beginn des Schuljahres 1972/73 zur Verfügung.