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Erster Schultag in Corona-Krise: Bildung kehrt an die Schulen im Landkreis Haßberge zurück


Autor: Eckehard Kiesewetter

LKR Haßberge, Montag, 27. April 2020

Nach sechswöchiger Abstinenz kehren die ersten Schüler an Gymnasien, Real- und Mittelschulen wieder in die Klassenzimmer zurück. Am Montag stand der erste Schultag unter neuen Vorzeichen, die vor allem das Corona-Virus diktiert. Wie's weitergehen wird, ist unsicher.
Verena Hohaus aus Neubrunn, Merle Kleist aus Schottenstein und Nina Franz aus Stettfeld (von links) werden in wenigen Wochen in Ebern zur Abiturprüfung antreten. Gestern trafen sie nach wochenlanger Zwangspause erstmals wieder am Friedrich-Rückert-Gymnasium zusammen. "Das ist nicht mehr wie normale Schule", sagen sie zu den aktuellen Lernbedingungen.  Fotos: eckehad kiesewetter


Kreis Haßberge"Das ist alles so unwirklich; kaum vorstellbar, dass in ein paar Wochen die Prüfungen geschrieben werden", sagen angehende Abiturienten. "Es läuft erfreulich gut", erklären die Schulleiter."Ein mulmiges Gefühl hat man schon", gestehen vor allem ältere Lehrer, die sich zur Risikogruppe zählen, ihren Schülern zuliebe aber trotzdem den Präsenzunterricht vorziehen. Sie alle sind sich einig in einem Ziel: Jetzt geht es darum, die Abschlussklassen den Umständen entsprechend möglichst gut auf die Prüfungen vorzubereiten.

Seit Montag gehen die Abschlussklassen beider Gymnasien im Landkreis, der Real- und Mittelschulen wieder täglich zur Schule. Auch die Schreiner-Meisterschule Ebern hat den Betrieb wieder aufgenommen.

Das neuartige Corona-Virus hatte eine sechswöchige Schließung der Schulen erzwungen. Jetzt dirigiert es auch die veränderten Vorzeichen: strenge Abstands- und Hygieneregeln, Masken-Pflicht in Pausenhof und Schulbussen. Gedränge und Geschubse wie sonst in der Schule scheidet schon deswegen aus, weil die jüngeren Jahrgänge noch Zuhause bleiben.

Sicherheitsvorkehrungen

Tische und Stühle wurden weit auseinandergerückt, Aulen und Turnhallen (am Eberner Gymnasium sogar mit Teppichboden versehen) in große Klassenzimmer verwandelt, Laufwege definiert und Desinfektionsmittel bereitgestellt.

Großen Aufwand bereitete es zum Beispiel auch, den Schulbusverkehr für die eingeschränkte Schülerzahl zu organisieren. Hier hat das Landratsamt laut Schulleitungen gute Arbeit geleistet, denn gestern klappte alles reibungslos.

Für den "Neuanfang" gelten klare Regeln, an die sich die Schüler zumindest am ersten Tag mustergültig diszipliniert hielten. In diesem Punkt gab es bei den FT-Recherchen Lob von allen Seiten - Pädagogen, Busfahrern, Sekretärinnen und von Eltern - auch wenn man sich einig ist, dass sich die anfängliche Vorsicht mit wachsender Routine gewiss abschleifen wird. Aber alle wissen: Jetzt stehen Prüfungen an; hier geht's um was!

Wochenlang hatten sich der Unterricht auf Online-Lösungen mit Programmen wie Microsoft Teams oder im Google-Classroom beschränkt. Wie die Schulleiter urteilen, geschah (und geschieht bei den unteren Klassen auch weiterhin) mit richtig gutem Erfolg. Aus praktischer Erfahrung, so erweist sich bereits nach wenigen Wochen, lernt man besonders gut. So erfahre das digitale Lernen und Arbeiten durch die Krise bestimmt einen Schub, meinen die Rektoren und sind froh über die Unterstützung der Sachaufwandsträger (Landkreis, Kommune oder Schulverband), weil in der Region - ungeachtet von Corona - offenbar weitsichtiger in neuen Technologien investiert wurde als anderswo.

Digitale Zukunft

An der Mittelschule Ebern bereiten sich 72 Buben und Mädchen der Regel- und der M-Klassen jetzt wieder vor Ort auf die Prüfungen vor. Philipp Arnold würde den Online-Unterricht am liebsten dauerhaft anbieten. "Wir sind jetzt alle Lernende - Lehrer, Schulleiter und Schüler", sagt er. Seine Schule wurde als "digitale Schule 2020" ausgezeichnet. Er ist jetzt in seinem Element. Andere Kollegen sind bester Absicht, "das Homescooling weiter zu optimieren".

Schüler sagen, die Videokonferenzen und Onlinelösungen seien schon cool, aber das Miteinander mit den Klassenkameraden ist ihnen trotzdem wichtig. Das können weder Twitter, Facebook und Whatsapp noch der Hybrid-Unterricht ersetzen. So freuten sich Verena Hohaus, Merle Kleist und Nina Franz gestern, endlich wieder mal live mit den anderen vom Q12 in Ebern zusammenzutreffen. Am 20. Mai beginnt das Abitur für viele der 85 Absolventen des Friedrich-Rückert-Gymnasiums und der 130 des Regiomontanus-Gymnasiums Haßfurt. Den Auftakt machen Prüfungen im Fach Deutsch beginnen. Bis dahin gibt's keine Noten mehr und nur noch Unterricht in den Prüfungsfächern. "Normalerweise würden die Abiturienten jetzt mitten im schlimmsten Notenstress stecken," sagt Schulleiter Martin Pöhner. Die Entlastung sei ein fairer Ausgleich für die besonderen Corona-Erschwernisse.

Am der Realschule wird's ab 7. Juli richtig ernst. Die 84 Schüler der vier zehnten Klassen in Ebern profitieren davon, dass die Dr.-Ernst-Schmitt-Realschule nach dem Umbau über größere Raumkapazitäten verfügt. Der Mindestabstand von 1,50 Metern zum nächsten Platz wird locker erreicht. Das Spicken und Abschauen bei den Prüfungen wird dann aber wohl noch schwieriger werden.

Laut Schulleiter Hartmut Weis gehen die Schüler sehr motiviert und diszipliniert an die Sache. Auch an der Realschule wurde der Notendruck zurückgefahren, der Unterricht konzentriert sich auf die Hauptfächer. Sein halbvermummtes Gesicht verschleiert es. Und doch ist nicht zu übersehen, wie sehr sich Weis freut, dass es endlich "analog" und im persönlichen Miteinander weitergeht.

Bis allerdings alle Schüler wieder in die Schulhäuser zurückkehren können, wird noch viel Zeit verstreichen. Da sind sich die angesprochenen Schulleiter einig. Dies liegt daran, dass man von jüngeren Kindern nicht so viel Disziplin erwarten darf, wie von den großen. Aber auch weil in vollen Schulhäusern die Abstandsregeln nicht einzuhalten wären. Und niemand weiß, sie sich die Pandemie weiter entwickeln wird, welche neuen Regelungen die Schulen vor neue Herausforderungen stellen werden. "Gut, dass das alles Schritt für Schritt vonstatten geht", sagt Martin Pöhner.