Wer baut die Lückenbüßer?
Doch solche Kraftwerke sind rar, und wer derartige neue Anlagen als "Lückenbüßer" finanzieren und bauen könnte, ist offen. Deshalb ist man in Berlin auf Palm gestoßen. "Unser Kraftwerk ist ja schon da, und es hat genau die Eigenschaften, die gefordert sind", sagt Palm.
Der Umbau des Kraftwerks in Eltmann, für den jetzt das Genehmigungsverfahren begonnen wird und der 2020 umgesetzt werden soll, macht aus der Kraftmaschine für die Papierfabrik einen Turbolader für die Energiewende. Die Leistungsfähigkeit des Kraftwerks wird erhöht. Dann werden Vorrichtungen, Steuersysteme und anderes eingebaut, um das Kraftwerk ins Netz einzubinden - nicht als Einbahnstraße, in beide Richtungen. Das Prinzip, das in Eltmann als bundesweites Pilotprojekt umgesetzt werden soll, sieht so aus: Wenn im Stromnetz mehr Sonnen- und Windstrom zur Verfügung steht als verbraucht wird, drosselt Palm die Leistung seines Kraftwerks, holt sich den Strom aus dem Netz und entlastet so das System.
Win-Win(d)-Situation
Umgekehrt: Wird im Netz viel Strom gebraucht, ohne dass Windräder und Solarzellen genug liefern können, fährt Palm seine Anlage "bis zum Anschlag" hoch, so dass neben dem Eigenbedarf auch noch elektrische Energie für andere Abnehmer abfällt. "Es ist eine Win-Win-Situation, von dieser Lösung profitieren beide Seiten", sagt Palm, der heuer mit seinen Mitarbeitern und der Bevölkerung das 25. Jubiläum der Papierfabrik feiern wird.
Noch weit mehr als in Eltmann investiert Palm da, wo er zuhause ist, im Stammwerk in Aalen/Neukochen. Dort hatte Palms Urgroßvater 1872 mit der Produktion von Recycling-Papier begonnen. Die Idee des Urgroßvaters ist bis heute das Geschäftsmodell der Unternehmensgruppe Palm. Auch in der Papierfabrik Eltmann, die 1994 gebaut und 1999 um eine zweite Maschine erweitert wurde, setzt Palm auf Recycling. Die Papiermaschinen der Palm-Gruppe produzieren 2,1 Millionen Tonnen Papier im Jahr.
Nicht von Pappe: ein Schwabenstreich
Dazu kommen 700 000 Tonnen Wellpappe. Diese Kombination ist der Stein der Weisen, den Palm gefunden hat, um der Krise der Print-Produkte zu trotzen. In ähnlichem Maße, wie das gedruckte Wort Marktanteile verliert, wächst durch den boomenden Online-Handel der Bedarf an Verpackungsmaterial.
Um da besser aufgestellt zu sein, wagt sich Palm in Neukochen an einen Schwaben-Streich: Das Stammwerk, in dem sich drei Papiermaschinen drehen, die in die Jahre gekommen sind, wird durch einen Neubau ersetzt. 500 Millionen Euro investiert der Unternehmer.