Computer-Simulation ersetzt den Messbecher

2 Min
Sie hängen gemeinsam an einer Verwaltung und an einer Kläranlage: Seit vielen Jahren wieder einmal tagten die Stadt- und Gemeinderäte von Ebern, Pfarrweisach und Rentweinsdorf zusammen im Marktsaal.
Sie hängen gemeinsam an einer Verwaltung und an einer Kläranlage: Seit vielen Jahren wieder einmal tagten die Stadt- und Gemeinderäte von Ebern, Pfarrweisach und Rentweinsdorf zusammen im Marktsaal.
Im Juli 1997 wurde im Marktsaal zu Rentweinsdorf, wo am Donnerstag getagt wurde, auf die Inbetriebnahme der Eberner Kläranlage angestoßen. Jetzt wird eine neue Betriebsgenehmigung notwendig. Von den damaligen Akteuren (unser Bild) sind nur noch zwei aktiv: Bürgermeister Willi Sendelbeck (Vierter von rechts) und der Fotograf. FT-Archivbild: Ralf Kestel
Im Juli 1997 wurde im Marktsaal zu Rentweinsdorf, wo am Donnerstag getagt wurde, auf die Inbetriebnahme der Eberner Kläranlage angestoßen. Jetzt wird eine neue Betriebsgenehmigung notwendig. Von den damaligen Akteuren (unser Bild) sind nur noch zwei aktiv: Bürgermeister Willi Sendelbeck (Vierter von rechts) und der Fotograf. FT-Archivbild: Ralf Kestel
 
Fachleute unter sich: Walter Brandner, Martin Lang, die Bürgermeister Willi Sendelbeck (stehend), Jürgen Hennemann und Ralf Nowak sowie Ernst Haßler (im Bild von rechts) fungierten als Referenten. Fotos Ralf Kestel
Fachleute unter sich: Walter Brandner, Martin Lang, die Bürgermeister Willi Sendelbeck (stehend), Jürgen Hennemann und Ralf Nowak sowie Ernst Haßler (im Bild von rechts) fungierten als Referenten. Fotos Ralf Kestel
 
Den großen Belüfter-Becken (hier beim Bau anno 1996) soll künftig keine so große Bedeutung mehr zukommen. FT-Archivfoto: Rudolf Mader
Den großen Belüfter-Becken (hier beim Bau anno 1996) soll künftig keine so große Bedeutung mehr zukommen. FT-Archivfoto: Rudolf Mader
 

Eberns Kläranlage braucht eine neue Betriebsgenehmigung. Dazu sind umfassende Vorarbeiten und Berechnungen notwendig.

Was passiert, wenn alle Einwohner innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Ebern gleichzeitig aufs Knöpfchen der Klospülung drücken und zu allem Übel ein Wolkenbruch über Baunach- und Weisachgrund niedergeht. Dieses Szenario geisterte am Donnerstagabend in manchen Köpfen herum, als die Stadt- und Gemeinderäte der VG gemeinsam im Marktsaal Rentweinsdorf tagten. Die Rettung für diesen Fall heißt "Smusi". Dabei handelt es sich nicht um eine lieb-reizende Toilettenfrau, obwohl Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) keinen Hehl aus gewissen Sympathien für "Smusi" machte.

"Smusi" steht für Schmutzfracht-Simulation und wird in den nächsten zwei Jahren zwei Ingenieurbüros beschäftigen, damit die Kläranlage nahe der Hetschingsmühle weiter betrieben werden darf. Denn wer gedacht hatte, es handele sich dabei um eine moderne Anlage, der wurde bei der gemeinsamen Sitzung der Gremien der drei Gemeinden, die ihre Abwässer da säubern, eines Besseren belehrt.

Die im Dezember 1991 erteilte Genehmigung, wonach bestimmte Mengen des gesäuberten Wassers in die Baunach geleitet werden dürfen, ist längst abgelaufen. Das war am 31. Dezember 2010 der Fall. Danach gab es aus dem Landratsamt in Haßfurt zweimalige Verlängerungen (bis Ende 2018).


Keine einfach Verlängerung mehr

Damit ist nun aber Schluss. Jetzt muss ein komplett neuer Bescheid beantragt werden, damit die Kläranlage weitere 20 Jahre lang betrieben werden darf, erklärten VG-Bauamtsleiter Martin Lang und Frank Pilhofer vom Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen gleichlautend und mehrfach.

Und als Grundlage für die nächste Betriebsgenehmigung sind die "Smusi"-Berechnungen notwendig, damit klar wird, wie viel Wasser aus der Kläranlage aber auch aus den vielen Regenüberlauf und -rückhaltebecken im gesamten Einzusgebiet zu unterschiedlichen Tageszeiten und Wetterlagen in die Baunach plätschert.


Komplex und umfangreich

"Ein komplexes System" und "umfangreiches Verfahren", wie Hennemann nach etlichen Vorbesprechungen erkannt hat.

Damit aber nicht zu jeder Stunde und bei jedem Regen an jedem Bauwerk ein Wasserwart mit einem Messbecher stehen muss, um an die erforderlichen Daten zu kommen, wurde ein entsprechendes Programm für alle Szenerien entwickelt: das "Smusi", mit dem simuliert wird, wie viel Sauber- und Schmutzwasser durch die Rohre rauscht.

Und dieses Programm ruft Fachleute auf den Plan. Solche wie Hans-Joachim Brandt, den Geschäftsführer von SRP in Zeil, sowie dessen Abteilungsleiter Walter Brandner, die am Donnerstagabend zusammen mit dem Ingenieurbüro Kittner den Auftrag erhielten, die entsprechenden Messungen, Werte und Analysen zusammen zu stellen und in einen Antrag zu gießen. "Das dauert mit Sicherheit eineinhalb Jahre", war sich Bauoberrat Pilhofer sicher.


Keine Neubauten absehbar

"Es geht nicht um Kanalplanungen, sondern um Theorie in Reinkultur", nahm SRP-Chef Brandt die Sorge, dass teure Neubauten aus dem Boden gestampft werden müssen. "Wir berechnen mit dieser Simulation die Menge des Schmutzwassers. Am Ende ist es das Ziel, dass weniger Schmutzwasser in die Baunach gelangt", sagte Brandt, der davon überzeugt ist, dass dies mit dem Drehen an ein paar Stellschrauben erreicht wird. "Mit leicht veränderten Drossel-Einstellungen und neu berechneten Speicher-Volumina", denn, so Bürgermeister Hennemann, allein die Rückstau-Qualitäten der bestehenden Leitungen seien bislang gar nicht in die Berechnungen eingeflossen.

Außerdem, so Hennemann weiter, sei die Kläranlage beim Bau im Jahr 1997 auf 18 000 Einwohnerwerte ausgelegt worden. "Jetzt haben wir nur noch 10 000 bis 11 000 Einwohnerwerte." Zur Frage, ob denn die Zukunftsszenarien alle künftigen Entwicklungen abdecken, wobei Reiner Mönch (ULB) aus Römmelsdorf sogar ein eventuelles Ende von FTE ansprach, sagte Hennemann, dass "wir alle nicht in die Glaskugel schauen". Beim Bau der Kläranlage anno 1997 habe sich auch niemand vorstellen können, dass die Bundeswehr verschwinden würde.


Bürgermeister schwant Böses

Frank Pilhofer vom Wasserwirtschaftsamt bestätigte auf jeden Fall, dass die Vorschriften verschärft worden seien und nicht mehr so viel Schmutzwasser in der Baunach ankomme dürfe. Nicht nur diese Aussage nährte beim Rentweinsdorfer Bürgermeister Willi Sendelbeck (SPD) den Verdacht, dass "uns das noch viel Geld kosten wird".

Am Donnerstag ging's aber zunächst einmal um die Vergaben der Grundlagen-Ermittlungen. Das kostet Ebern 66 000 Euro, Rentweinsdorf 11 000 Euro und Pfarrweisach 10 000 Euro.

Die Aufträge wurden für Ebern und Rentweinsdorf einstimmig vergeben. Bei der Pfarrweisacher Abstimmung waren Dritter Bürgermeister Klaus Dünisch und Rita Böhme (beide KUL) dagegen.