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Bakterien, Viren und Co. - Wo lauern im Haus die meisten Keime?


Autor: Günter Flegel

Haßfurt, Donnerstag, 19. März 2020

Nicht erst als Folge der Corona-Angst sind Viren, Bakterien und andere gefährliche Winzlinge buchstäblich in aller Munde. Man kann sich gut schützen, aber davon alles ständig mit starken Reinigungsmitteln zu behandeln, hält Michaela Appel von der Berufsfachschule in Haßfurt nichts.
Warm und feucht: Der Spüllappen ist der perfekte Ort für Bakterien und sollte eigentlich täglich gewechselt werden.  Foto: Julia Scholl


Man sieht sie nicht, aber sie sind überall, zum allergrößten Teil völlig harmlos, oft sogar überaus nützlich: Eine "keimfreie" Welt kann es nicht geben, weil Bakterien, Viren, Pilze und andere mikroskopisch kleine Wesen Teil des komplexen Systems sind, das höheres Leben auf der Erde erst möglich macht.

"Vor allem kleine Kinder brauchen Bakterien, um ein starkes Immunsystem zu entwickeln. Die sollen raus und spielen. Wenn dann mal Dreck oder Sand im Mund landet, macht das auch nichts", meint Michaela Appel. Sie ist Lehrerin für Ernährung und Versorgung an der Berufsfachschule in Haßfurt. Dort betreut sie den praktischen Unterricht und wird deshalb ständig mit dem Thema Hygiene im Haushalt konfrontiert.

Bakterienschleuder in der Küche

Im Haus hat die moderne Technik ein paar besonders attraktive Biotope für Keime geschaffen: Der Kühlschrank gilt mit 10 000 Mikroorganismen pro Quadratzentimeter als regelrechte Keimschleuder. Einer der größten Bakterienherde im Haushalt versteckt sich jedoch nicht, wie vielleicht angenommen, im Bad: "Der Spüllappen ist der größte Bakterienherd im Haushalt, er sollte regelmäßig, eigentlich täglich, gewechselt werden. Man kann ihn aber einfach bei 60 Grad in die Waschmaschine schmeißen und am besten mit einem Vollwaschmittel waschen, dann kann man ihn lange Zeit wieder verwenden und braucht nicht ständig neue kaufen", erklärt Appel.

Feucht und zusammengeknüllt bietet er einen perfekten Lebensraum für Bakterien. Dort können sich bis zu 100 Millionen Keime tummeln. Im Vergleich dazu ist eine regelmäßig geputzte Toilette mit 30 000 Bakterien geradezu appetitlich. Das heißt natürlich nicht, dass die Klo- zur Suppenschüssel und das WC zum Esszimmer umfunktioniert werden sollen.

99,9 Prozent der Keime "in freier Wildbahn" scheren sich nicht um den Menschen. Der Kontakt mit ihnen ist völlig harmlos. Im häuslichen Umfeld haben die Menschen allerdings Bedingungen geschaffen, unter denen sich auch schädliche Bakterien pudelwohl fühlen und stark vermehren können.

Vorsicht bei Fleisch und Wurst

Das offenkundigste Beispiel sind verdorbene Lebensmittel: Werden Fleisch oder Wurst schlecht, dann wächst auf ihnen das Bakterium Clostridium botulinum. Dessen Sporen setzen Botulinumtoxin frei, eines der stärksten Gifte in der Natur. Todesfälle waren früher weitaus häufiger als heute. Die moderne Lebensmittelverarbeitung und -lagerung hat das Vergiftungsrisiko stark reduziert.

Appel meint: "Natürlich gibt es bestimmte Gebiete, in denen besondere Vorsicht geboten ist, wie bei rohen Eiern oder Fleisch. Hier gibt es die Gefahr von Salmonellen. Aber solange im Haushalt sauber, ordentlich und hygienisch gearbeitet wird, sollte alles in Ordnung sein."

Außerhalb des eigenen Hauses kann man sich nicht immer darauf verlassen, denn grundsätzlich gilt, laut Appel: "Je mehr Menschen etwas anfassen, desto höher ist die Bakterienbelastung. Einkaufswägen, sind Bakterienschleudern. Ohne nach dem Einkaufen erst einmal Hände zu waschen, mache ich gar nichts."

Aber davon, alles ständig mit starken Reinigungsmitteln zu desinfizieren, hält Appel persönlich nichts. "Für Menschen mit einem schwachen Immunsystem, wie chronisch Kranken oder Krebspatienten, ist eine Desinfektion natürlich lebensnotwendig. Da wird aber auch die Wäsche auf 90 Grad gewaschen. Für den Durchschnittsbürger ist das aber in der Regel nicht notwendig und richtet meist mehr Schaden an, als es nützt. Da reicht auch gründliches Hände waschen."

Für weitere Tipps stellt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) auf ihrer Homepage einen übersichtlichen Leitfaden zur häuslichen Hygiene zur Verfügung. Hier sind die wichtigsten:

Chemie Im Krankenhaus, in der Arztpraxis und in der Großküche sind sie ein Muss: Desinfektionsmittel, die bei sachgemäßer Anwendung bis zu 99,9 Prozent der Keime sicher töten. Im privaten Bereich macht der Einsatz solcher Mittel aber kaum Sinn, schon alleine wegen der fehlenden Sachkenntnis. Das Risiko ist größer als ein möglicher Nutzen; Hautschäden und Reizungen der Atemwege sind möglich. Und: Ein Desinfektionsmittel ist kein Putzmittel. Es wirkt nicht gegen Schmutz, und Schmutz ist der Nährboden für Keime. Waschen Früher wurde die Wäsche im Kessel bei 95 Grad gekocht und in der Sonne gebleicht, heute setzt man umweltschonend auf 30 Grad und sanfte Waschmittel. Die Wahrheit liegt in der Mitte: Bett- und Unterwäsche, Handtücher und Putzlappen sollten regelmäßig bei 60 Grad und mit Waschmitteln gewaschen werden, die Bleichstoffe enthalten. Dann reduziert die Wäsche die Zahl der Keime nachweisbar. Die 60-Grad-Wäsche sorgt auch dafür, dass sich in der Waschmaschine kein verkeimter Sumpf bildet. Küche Feucht, warm, Lebensmittelreste: Wenn man sich in ein Bakterium versetzt, wird klar, dass die Küche ein Paradies ist. Vor allem die Spüle und Behälter für Bio-Abfall schaffen idealen Nährboden für alle Arten von Keimen. Lappen sollte man regelmäßig waschen, besser noch austauschen, und nach der Benutzung locker aufhängen, damit sie trocknen können. Toilette Man kann es kaum glauben: Weder das WC noch die WC-Bürste sind erste Wahl für Keime: Hier wird oft mit viel Wasser gespült, Putzmittel eingesetzt. Bakterien oder auch Pilze (Schimmel) siedeln viel lieber da, wo der Putzlappen seltener zu Gast ist: auf senkrechten Wänden in der Dusche, den Fugen der Fliesen, dem Duschvorhang. Ebenso auf dem feuchten Schwamm in der Duschkabine. Putzen Der Handel bietet ein riesiges Arsenal an Putzmitteln, die angeblich auch "antibakteriell" wirken, aber der tatsächliche Nutzen dieser Wundermittel ist gering. Wirksam ist die Beseitigung von Schmutz als Nährboden für Keime. Wenn das regelmäßig geschieht, mit reichlich warmem Wasser und herkömmlichen Mitteln wie Schmierseife, fühlen sich Bakterien schon nicht mehr wohl. Der feuchte Lappen ist auch wirksamer als der Staubsauger, weil viele Geräte zwar Haare und Schmutz verschwinden lassen, mikroskopische Teilchen wie Schimmelsporen aber in der Luft verwirbeln. Was nicht nur für Allergiker zum Problem werden kann.