Sebastian Schanz Dieser Text ist streng genommen ein Gastbeitrag meiner Mutter. Denn ich habe im Urlaub beim Aufräumen alte Zettel gefunden, die sie mir einst geschrieben hat, als ich als Gymnasiast n...
Sebastian Schanz Dieser Text ist streng genommen ein Gastbeitrag meiner Mutter. Denn ich habe im Urlaub beim Aufräumen alte Zettel gefunden, die sie mir einst geschrieben hat, als ich als Gymnasiast noch im Hotel Mama residierte. Deutlich im Ton, klar in der Kritik, eindeutig in den Anweisungen - nur so dringt man zu einem pubertären Jugendlichen durch. "Heizung an und Pulli drüber? Bist Du noch zu retten? Geh arbeiten, dann vergeht's Dir!", steht da zu lesen, oder: "Kriech unter Dein Bett und entfern den Müll! Ich bin zu alt für diese Scheiße!" Auf einem grünen Zettel steht: "Glaubst Du, der Strom ist kostenlos?" Auf einem roten: "Mach Deinen Dreck weg! Seuchengefahr!" Darunter steht: "Muss dieses Sesselmonster hier stehen? Regt mich auf!" Das Wechselspiel zwischen Zuckerbrot und Peitsche beherrschen so eben nur Mütter - dazwischen findet sich eine Notiz zu einem Teller mit Plätzchen: "Für mein unsichtbares Kellerkind, in Liebe, Mama!" Einen Tag später: "Wenn Du das Haus verlässt, mach den sch... Computer aus! Ich zieh sonst die Kabel! Stromvergeuder!" Mein Favorit aber diese Zeilen: "Willst Du menschliche Abgründe sehen, musst Du in dieses Zimmer gehen!"