Wenn Bälle rollen und Perlen fließen

1 Min

von unserem Redaktionsmitglied 
Marco Meissner

D er Schweiß rinnt von der Stirn. Die Spieler hängen an der Wasserflasche. Sie sind platt. Muskelkrämpfe. Der Fernsehkommentator hat zum Beginn der Verlängerung Mitleid: "Bei der Hitze ist Fußballspielen kein Spaß." Nachvollziehbar, was da an den vergangenen DFB-Pokal-Tagen in den Stadien ablief. Und doch auch relativierbar.
Zwei Tage später treffe ich einen Handwerker. "Das macht wirklich keinen Spaß mehr", schimpft der Maler. Aber er mosert nicht über 90 Minuten Fußball bei 35 Grad plus X, sondern über mittlerweile wochenlange Arbeit tagtäglich in der prallen Sonne auf dem Gerüst. Die Krönung sei an diesem Tag das Streichen eines Zauns mit Lack bei Gluthitze gewesen. "Du kannst Dir nicht vorstellen, wie das Zeug gelaufen ist", sagt er sichtlich genervt mit einem Kopfschütteln und Schweißperlen auf der Stirn.
Ich denke in dem Moment auch an Dachdecker, Bauarbeiter oder Schornsteinfeger, die (ohne Pause alle 45 Minuten) jeden Tag der Hitze und der Sonne stundenlang trotzen müssen. Die haben keinen Masseur, kein Entmüdungsbecken, keinen Wasserträger - und keinen der sie öffentlich bemitleidet. Und sie bekommen schon gar keine Millionengehälter für ihren Knochenjob. Handwerker können es sich außerdem nicht leisten, der Hitze wegen mal das Tempo rauszunehmen oder zu schludern; sieben von zehn Elfmetern verschießen wie beim Club-Spiel, das ist in der Berufswelt nicht drin.
Nein, um diese Arbeitsbedingungen beneide ich diese fleißigen Leute nicht. Da würde ich doch lieber zum Kicken gehen, als mich acht Stunden am Tag rösten zu lassen. Am besten ist es aber wohl, ich lasse weiter nur den Kopf über den Texten qualmen und ihn dabei von der Klimaanlage kühlen. In der Hinsicht geht's unsereins sogar besser als Berufsfußballern.