Warum Negatives interessant ist

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Beim Neujahrsempfang des Lions-Clubs Lichtenfels hielt der Reporter Rudolf Erhard einen Vortrag. Foto: Karin Sträßner
Beim Neujahrsempfang des Lions-Clubs Lichtenfels hielt der Reporter Rudolf Erhard einen Vortrag. Foto: Karin Sträßner

Der ehemalige Rundfunkreporter Rudolf Erhard gab beim Lions-Club einen 360-Grad-Rundblick.

Die nationalen Probleme machen auch vor dem Neujahrsempfang des Lions-Clubs in Lichtenfels nicht Halt. Wurde doch der Referent Rudolf Erhard, der 40 Jahre Reporter beim Bayerischen Rundfunk war, von den Mitgliedern des Lions Club Lichtenfels erwartet. Doch die Deutsche Bahn, mit der der Vortragende anreiste, verspätete sich auch hier. So entschuldigte Landrat Christian Meißner: "Zugfahren ist dieser Tage nicht so einfach!"

Am Montagabend beschrieb Präsident Florian Schille die Aktivitäten des Lions-Clubs. So ist das Motto des Vereines "Hilfe, wo die Hilfe des Staates nicht ankommt". Soziales und kulturelles Engagement sei das gemeinsame Ziel. So würden beispielsweise Seniorennachmittage, Gewaltprävention, Bücherschränke und ein Förderpreis für Schüler, die sich für soziale Zwecke einsetzen, organisiert. Der Lions-Club stelle einen Zusammenschluss von Menschen dar, die sich sozial engagierten. Der Präsident machte auf benötigte Hilfe aufmerksam und bedankte sich bei den Mitgliedern. "Zusammen will man sich wohlfühlen und neue Ideen und Eindrücke gewinnen."

Bücherschrank kommt an

Bürgermeister Andreas Hügerich sagte: "Die Menschen stehen vor großen Herausforderungen." Er freue sich auf ein Jahr gemeinsam mit den Bürgern. "Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte gehen, können das Gesicht der Welt verändern!" So möchte das Stadtoberhaupt Stück für Stück das Bild nach außen verändern . Begeistert zeigte er sich auch über die gute Annahme des Bücherschrankes.

Nun ruhten alle Augen auf dem Ehrengast Rudolf Erhard. Als Buchautor, langjähriger Korrespondent des Bayerischen Rundfunks und Träger des Bayerischen Verdienstordens lautete sein Thema "Bayern im Wandel - Wohin steuert die Politik im Freistaat?" Bayern sei schon seit mehr als einem Jahrzehnt im Wandel und gelte als Musterschüler weltweit. Die Staatsregierung könne immer nur den Rahmen vorgeben. Entscheidungen treffen müssten dann die Menschen im Land. Erhard: "Der Arbeitsmarkt boomt, es wird weiterhin investiert und studiert, gebaut, gelernt, gejammert und genörgelt. Es gibt zunehmend eine schwer ausrechenbare Wechselwählerschaft."

Ein Lob für das Volk sprach der Reporter im Ruhestand aus. Sowohl bei der Bundestagswahl wie auch bei der bayerischen Landtagswahl habe es gewissen Parteien die Watschen verpasst, um welche diese durch ihr Handeln förmlich gebeten haben. "Die Geschichte lehrt dauernd, aber sie findest keine Schüler!" So beschrieb der Journalist mit einem Zitat der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann seinen Rückblick auf die Geschichte des Freistaates. "Horst Seehofer hat nichts ausgelassen, um mit dem Arsch vom Tisch zu wischen, was er mit dem Kopf aufgebaut hatte", lautete ein anschaulich beschriebenes Detail. Humorvoll verglich Erhard auch das Merkelsche "Wir schaffen das" und das Seehofersche "Ich schaffe euch". Der Reporter ging auch auf die aktuelle Flüchtlingspolitik, die Halb- und Unwahrheiten der sozialen Medien, den Klimawandel, die geplanten Personalsteigerungen bei Pflege- und Kinderbetreuung sowie den Hackerangriff auf die Privatsphäre vieler Politiker und Prominenten ein. Der Vertrauensverlust der Bevölkerung in das funktionierende Gemeinwesen hänge auch damit zusammen, dass überall gespart würde und deshalb nichts funktioniere. Außerdem prangerte Erhard die boomenden Metropolregionen an, die mit ihren hohen Wohnungsmieten Menschen quasi zu Arbeitssklaven machen.

Rückgrat des Erfolges

Abschließend machte er sich noch für ehrenamtliches Engagement stark, welches als Rückgrat des Erfolges unseres Freistaates zu verstehen sei.

Ausführlich ging der Referent noch auf Fragen ein. Warum in den Medien immer nur Probleme und kaum positive Schlagzeilen Platz fänden? Durch die Online-Portale hätten die Journalisten jetzt mehr Druck als früher. Die Menschen fänden negative Schlagzeilen interessanter. Außerdem wurden der Niedergang der SPD sowie das politische Verhalten im Umgang mit dem achtjährigen Gymnasium diskutiert.