Von Riff zu Riff hetzen

3 Min
Jeff Jensen ist mit vollem Körpereinsatz dabei. Foto: Birgit Kunig
Jeff Jensen ist mit vollem Körpereinsatz dabei. Foto: Birgit Kunig

Jeff Jensen und seine Band brachten die Mauern des Stadtschlosses zum Erbeben.

"Werden die altehrwürdigen Mauern dieses Beben aushalten?", wird sich so mancher im Stadtschloss am Samstagabend gedacht haben. Feinstes Songwriting trifft auf groovige Arrangements - und die überkochende Show, die die Jeff-Jensen-Band im kleinen Stadtschloss abliefert, übertrifft die kühnsten Erwartungen.
Wenn Jeff Jensen lasziv Bluesiges und Rockiges gleichermaßen von sich gibt und er und Bill Ruffino ihre Riffs hetzen, ist das Lichtenfelser Publikum völlig außer Rand und Band. Die Mischung macht's - und das überschäumende Musik-Cocktail besteht aus vielen schmackhaften Zutaten. Wie schafft er es bloß, mit herausgestreckter Zunge ein Plektron (ein Plättchen, mit dem die Saiten von Zupfinstrumenten angeschlagen werden. D. Red.) festzuhalten, bitteschön? Das ist sein Markenzeichen. Immer wieder zeigt er sie in voller Länge, und spielt damit. Was belustigend wirkt, aber auch irgendwie zu ihm gehört. Besonders, wenn er völlig vertieft und voller Hingabe auf den Saiten seiner 67er Gibson 334 zaubert und den Gitarrenhals in voller Länge vibrieren lässt, streckt er sie raus.
Und er spielt sich die Seele mit einer Leidenschaft aus dem Leib und gibt jedem einzelnen Zuhörer das Gefühl, mit ihm persönlich zu kommunizieren. Durch Kroatien, Norwegen, und Österreich seien die Jungs aus Memphis getourt und würden am Folgetag in Belgien auf der Bühne stehen, erzählt Jeff.


New Orleans lässt grüßen

Das legendäre "Little red rooster" von Willy Dixon haucht und heult Jensen mit lasziver Stimme. Die Stones haben es nicht besser gemacht. Rasant und ohne Übergang spielen sie weiter ins funkige "Make it through". Wo nimmt der Mann bloß die Energie her, wenn er sich die Finger wund spielt? Bei diesem expressivstem seiner Songs flippt das Publikum völlig aus. New Orleans lässt grüßen bei seinem instrumentalen "Elephant Blues". Und bei "Find myself all allone". Hier zeigt sich er sich als "Gitarren-Derwisch" in aller Bandbreite. Wenn seine stahlblauen Strahleaugen auf einen gerichtet sind, geht das durch und durch. Mit seiner einzigartigen Stimme geht er unter die Haut, die warm, soft, erotisch und rau, kernig zugleich ist.
Man wird völlig in seinen Bann gezogen und hinein gesogen in die Hammerriffs. Der Mann ist wirklich wie ein Erdbeben und eine Frau aus Bamberg, die jede Woche auf einem Konzert ist, möchte ihn am liebsten mit nach Hause nehmen. "Filigran, emotional und mit Druck" beschreibt sie die Musik "der ist so klasse, dass ich heut' Nacht nicht schlafen kann - boah ich bin ganz aufgeregt!"
Aber auch seine männlichen Fans können nicht anders, als mit zu stampfen, tanzen und zu rocken. Bill Ruffino taugt nicht als der Mann und Unterstützer nur im Hintergrund. Er ist der gechillte und ruhende Pol, der einerseits die aufgeheizte Stimmung mit seinem besänftigendem Bassspiel wieder beruhigen muss und andererseits lässt er sich nicht lumpen und kauft Jensen bei jeder Gelegenheit den Schneid ab mit einzigartigen Soli und einer Stimme voll wärmender Rauheit. David Green am Schlagzeug lässt die Stimmung überschäumen, wenn er auf seine Drums haut. Was wie blindwütiges, entladendes Draufhauen aussieht, ist ein künstlerischer Akt für sich, aber nicht stilisiert oder gekünstelt, sondern wie eine Naturgewalt. Von Introvertiertheit oder Verbissenheit keine Spur, nein exaltiert lacht und grinst er vor Vergnügen, die weißen Zähne blinken aus dem dunkelhäutigem Gute-Laune-Gesicht. Mit seiner Base-Cap wirkt er wie 18, kein Mensch glaubt, dass er schon 28 ist. Wie er es schafft mit gekreuzten Händen zu trommeln, ist allererste Sahne und zeugt von extremer Reife. Um seinen Soli Ehre zu zollen und vielleicht auch, um mit dem Publikum zu spielen, steigen die beiden anderen Musiker sogar einmal von der Bühne und haben dabei sichtlich ihren Spaß.
Man hätte den Jungs wirklich mehr Publikum gewünscht, das hätten sie verdient. Was sie hier abziehen, ist Weltklasse. Gut gelaunt und herzlich scheinen sie sich gar nicht daran zu stören, dass das Publikum überschaubar ist. Sie gehen völlig in sich auf, genießen ihr eigenes Spiel und immer wieder rufen sie "Is everybody having a good time?" Völlig entrückt und verschmolzen mit ihrer Musik verzücken sie ihr "Audience". Mit den Worten "You are incredible and we want to share our music with all of you, will you come back again? There is plenty of room to live in love for all of us", hinterlassen die Drei ein inspiriertes und emotional tief berührtes Publikum, das die Band gar nicht gehen lassen möchte. Als Zugabe setzen sie mit dem legendären "All along the Watchtower" von Bob Dylan noch eins drauf und interpretieren es völlig neu und einzigartig genau wie Jimmy Hendrix damals .