Virtuose Eleganz

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Roberto Legnani bereitet mit Best-of-Stücken für klassische Gitarre einen wunderbaren Konzertabend in der Kronacher Synagoge.

Nicole Julien-Mann

Sie ist eine glänzende Erscheinung mit ihrem langen schlanken Hals und dem kurvenreichen Körper und dabei mit 700 Gramm ein wahres Leichtgewicht (ihre Vorgängerin brachte immerhin acht Kilogramm auf die Waage). In den Händen ihres Maestros zeigte sich die Schöne nicht nur optisch, sondern vor allem akustisch von ihren besten Saiten. Erst vor acht Wochen holte der Virtuose Roberto Legnani seine neue klassische Gitarre aus der Werkstatt von Carl-Hermann Schäfer. Seiner Debütantin bereitet er derzeit auf einer Deutschlandtournee einen roten Teppich mit den schönsten Stücken der klassischen Gitarrenmusik.
Völlig zu Recht schwärmt Legnani vom mächtigen Lautstärkenregister, dem grandiosen Klangspektrum und dem warmen tragfähigen Ton in allen Lagen und verschweigt dabei, dass erst die meisterhafte Hand ihres Spielers die Schönheit des Instruments zum Vorschein bringt. Diese Bescheidenheit ist Ausdruck der zurückhaltenden Eleganz Legnanis, dessen konzentriertes Spiel ohne jede Effekthascherei auskommt und für andächtige Stille bei den Zuhörern sorgt.
Legnani lässt seinem Instrument den Vortritt und die Musik für sich sprechen und entführt an diesem sommerlichen Abend lautmalerisch in die maurischen Gärten von Granada mit der "Entrada al Generalife". Diese Idylle aus duftenden Blumen, plätschernden Brunnen und schattigem Grün ist wie geschaffen für eine "Romanza Espanola", eine Melodie die unter anderem in einer Schmachtversion von Mireille Mathieu als "Walzer der Liebe" bekannt ist. Das Können Legnanis gibt diesem Stück seine musikalische Tiefe zurück. Legnani bleibt zunächst in Spanien mit virtuosem Fingerpicking: "Asturias" von Isaac Albéniz.


Tradition trifft Jazz

Nach einem Ausflug in den Norden mit keltischen Motiven und der Tradition irischer Balladen, springt der Gitarrist mit der Suite "La Catedral" nach Südamerika. Die Catedral Metropolitana de Montevideo inspirierte Agustín Barrios Mangoré zu einer beeindruckenden dreisätzigen Komposition, bei der Tradition auf Anklänge von Jazz treffen.
"Moods from the Song of King David" ist eine Komposition von Roberto Legnani, in der er sechs Stimmungen aus dem Leben von König David erzählt, wie sie im Sefer Tehillim (Buch der Lobpreisungen) überliefert sind. Die hebräischen Schriftzeichen dienen nicht nur der Vermittlung der Poesie, sie geben auch Hinweise zur musikalischen Gestaltung. Die sechs "Neginot" sind als reine Instrumentalstücke vorgesehen. Orientalische Klangfarben zeugen von der jahrtausendalten jüdischen Tradition, die im Aufeinandertreffen mit zeitgenössischer Virtuosität und modernem Klangverständnis eine äußerst reizvolle Kombination ergeben.
Mit den "Recuerdos de la Alhambra" von Francisco Tárrega stimmt Legnani die Zuhörer auf den zweiten Teil ein, der wieder nach Südamerika führt, wo sich eigene musikalische Spielarten wie der Tango oder die Milonga entwickelt haben. Überraschend modern für seine Zeit präsentiert sich deutscher Barock aus der Feder von Dietrich Buxtehude, so dass sich das anschließende Stück von Anfang des 19. Jahrhunderts von Mauro Giuliani klanglich fast nahtlos anfügt. Giuliani gilt als Wegbereiter der klassischen Gitarre, der die Musiksalons in Wien und Weimar mit seinem virtuosen Spiel in Entzücken versetzte. Dies gelingt seinem Interpreten Roberto Legnani mit "Le Rossiniane" auch in Kronach: die sechs Motive sind eine variantenreiche und musikalisch äußerst anspruchsvolle Bearbeitung von Opern von Gioachino Rossini und ein fulminanter Abschluss dieses schönen Konzerts. Ohne Zugaben entlassen die Kronacher den Künstler natürlich nicht und der hört da auf, wo er anfing: mit Musik aus Andalusien.