Ungebetene Gäste aus den Tropen

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Heimische Insekten nehmen rapide ab und tropische Arten machen sich breit. Foto: Frank Rumpenhorst, dpa
Heimische Insekten nehmen rapide ab und tropische Arten machen sich breit.  Foto: Frank Rumpenhorst, dpa
Helmut Schmitt vom Landesbund für Vogelschutz Foto: Petra Malbrich
Helmut Schmitt vom Landesbund für Vogelschutz Foto: Petra Malbrich
 

Insekten aus wärmeren Gebieten erobern sich als Gefolge des Klimawandels auch Franken.Das macht Schutzmaßnahmen nötig gegen bisher unbekannte Krankheiten, die sie im Gepäck haben.

Durch den Klimawandel bedingt, hat sich die heimische Insektenwelt verändert: Tropische Stechmücken fühlen sich hier wohl. Diesen Stechmücken versucht man, auf die Spur zu kommen.

Beim Friedrich-Löffler-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit auf der Insel Riems bei Greifswald, wurden über 100 000 Stechmücken eingesandt, die nun bestimmt werden. Während die exotischen Stechmücken auf dem Vormarsch sind, sieht es mit der heimischen Insektenwelt gar nicht so rosig aus, betont Helmut Schmitt, Kreisvorsitzender des Landesbunds für Vogelschutz.

Ist das durch Stechmücken übertragene Usutu-Virus inzwischen auch in Forchheim angekommen?

Helmut Schmitt: In den letzten Tagen wurden mir drei tote Amseln gemeldet. Ein Vogel wird eingeschickt, bei zweien der Vögel liegt das Funddatum leider schon länger zurück. Die toten Tiere stehen für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung. Gibt es noch andere Insekten, die Vögel mit Krankheiten infizieren können?

Nicht nur bei den Vögeln gibt es eine Gefahr der Übertragung durch Mückenstiche. Stechmücken und Flöhe können die Myxomatose bei Kaninchen übertragen. Hier schwellen während des Verlaufs der Krankheit unter anderem die Augenlieder und der Mundraum an. Diese Krankheit endet tödlich für die Tiere.

Bei den Vögeln sind es vor allem Parasiten, wie beispielsweise die Federlinge, die die Vögel befallen. Wie der Namen schon sagt, leben sie auf den Federn und legen Eier ins Federkleid der Wirtstiere. Das verursacht einen permanenten Juckreiz. Das Gefieder wird löchrig und das Immunsystem des Vogels wird geschwächt, somit wird er anfällig für Krankheiten. Von diesen Federlingen sind kleine Vögel wie der Buchfink oder die Amsel betroffen, sie kommen aber auch bei großen Greifvögeln vor.

Bei Grünfinken gibt es leider immer wieder ein sogenanntes Grünfinkensterben. Betroffene Vögel leiden unter schaumigem Speichel, der die Nahrungsaufnahme hemmt, großem Durst und scheinbarer Furchtlosigkeit. Die Krankheit wird übertragen durch den einzelligen Erreger "Trichomonas gallinae" und endet für die Vögel tödlich.

Wie sieht es denn aus Vogelsicht überhaupt mit den Insekten aus?

Bei den Erhebungen in 63 deutschen Schutzgebieten zwischen 1989 und 2016 ist ein Rückgang von 76 Prozent - im Hochsommer sogar bis zu 82 Prozent - der Fluginsekten-Biomasse festgestellt worden. Die Verluste betreffen offenbar die meisten Arten von Schmetterlingen, Bienen und Wespen bis zu Motten und anderen flugfähigen Arten, die praktisch ausnahmslos als Bestäuber von Wild- und Nutzpflanzen oder zumindest als Beutetiere für Vögel wichtig sind.

Etwa 80 Prozent der Wildpflanzen sind abhängig von Insektenbestäubung, und 60 Prozent der Vögel in der heimischen Natur ernährt sich hauptsächlich von Insekten. So ein Verlust lässt sich natürlich nicht in einem Jahr ausgleichen. Der LBV hat ja in diesem Sommer im Rahmen des Projektes "Insektensommer" zum Zählen der Insekten aufgerufen. Nach Auswertung der Daten kann man mehr sagen.

Haben sie denn überhaupt genug Insekten gefunden?

Der Rückgang der Insekten macht sich auch bei den Vögeln bemerkbar. Wenn es genügend Insekten gibt, dann brüten die Vögel teilweise zwei bis drei Mal, was auch gut im Garten zu beobachten ist. Ein weiteres Zeichen wäre eine große Anzahl Jungvögel. Viele Jungvögel können nur bei gutem Insektenangebot ausreichend gefüttert werden und können ausfliegen. Hier habe ich bei der Blau- und Kohlmeise festgestellt, dass weniger Jungvögel zu beobachten waren.

Welche Insekten werden überhaupt gefressen und bei welchen gab es einen Mangel?

Die Vögel sind oft nicht wählerisch, sie nehmen meist, was sie finden. Das Nahrungsspektrum spannt sich von Mücken, Raupen, Schmetterlingen bis hin zu Blattläusen.

Generell ein Problem haben die Acker- und Wiesenvögel. Durch intensive Landwirtschaft, die Vernichtung von Lebensräumen und das Einbringen von Insektiziden werden die dort lebenden Insekten dezimiert, was im Umkehrschluss dann auch zu einem Rückgang der Artenvielfalt - auch der Vögel - führt.

Gab es schon bessere oder schlechtere Insektenjahre?

Es gab sicherlich schon bessere Jahre. Gern wird hier auf die die Autowindschutzscheibe verwiesen. Früher war sie mit Insekten übersät. Und wenn man mit offenen Augen allein im Garten Insekten beobachtet, wird man feststellen, dass sie weniger geworden sind. Weniger Insekten, weniger Vögel - leider eine Tatsache.

Die Fragen stellte Petra Malbrich