Wie sieht es denn aus Vogelsicht überhaupt mit den Insekten aus?
Bei den Erhebungen in 63 deutschen Schutzgebieten zwischen 1989 und 2016 ist ein Rückgang von 76 Prozent - im Hochsommer sogar bis zu 82 Prozent - der Fluginsekten-Biomasse festgestellt worden. Die Verluste betreffen offenbar die meisten Arten von Schmetterlingen, Bienen und Wespen bis zu Motten und anderen flugfähigen Arten, die praktisch ausnahmslos als Bestäuber von Wild- und Nutzpflanzen oder zumindest als Beutetiere für Vögel wichtig sind.
Etwa 80 Prozent der Wildpflanzen sind abhängig von Insektenbestäubung, und 60 Prozent der Vögel in der heimischen Natur ernährt sich hauptsächlich von Insekten. So ein Verlust lässt sich natürlich nicht in einem Jahr ausgleichen. Der LBV hat ja in diesem Sommer im Rahmen des Projektes "Insektensommer" zum Zählen der Insekten aufgerufen. Nach Auswertung der Daten kann man mehr sagen.
Haben sie denn überhaupt genug Insekten gefunden?
Der Rückgang der Insekten macht sich auch bei den Vögeln bemerkbar. Wenn es genügend Insekten gibt, dann brüten die Vögel teilweise zwei bis drei Mal, was auch gut im Garten zu beobachten ist. Ein weiteres Zeichen wäre eine große Anzahl Jungvögel. Viele Jungvögel können nur bei gutem Insektenangebot ausreichend gefüttert werden und können ausfliegen. Hier habe ich bei der Blau- und Kohlmeise festgestellt, dass weniger Jungvögel zu beobachten waren.
Welche Insekten werden überhaupt gefressen und bei welchen gab es einen Mangel?
Die Vögel sind oft nicht wählerisch, sie nehmen meist, was sie finden. Das Nahrungsspektrum spannt sich von Mücken, Raupen, Schmetterlingen bis hin zu Blattläusen.
Generell ein Problem haben die Acker- und Wiesenvögel. Durch intensive Landwirtschaft, die Vernichtung von Lebensräumen und das Einbringen von Insektiziden werden die dort lebenden Insekten dezimiert, was im Umkehrschluss dann auch zu einem Rückgang der Artenvielfalt - auch der Vögel - führt.
Gab es schon bessere oder schlechtere Insektenjahre?
Es gab sicherlich schon bessere Jahre. Gern wird hier auf die die Autowindschutzscheibe verwiesen. Früher war sie mit Insekten übersät. Und wenn man mit offenen Augen allein im Garten Insekten beobachtet, wird man feststellen, dass sie weniger geworden sind. Weniger Insekten, weniger Vögel - leider eine Tatsache.
Die Fragen stellte Petra Malbrich