Umwerfende Klänge

1 Min

Rolf-Bernhard Essig "Ein Wunderraum ist das!" So wie von Komponist Nikolaus Brass, dessen Stück "Kenosis" dort erklungen war, wurde das Bistro der VHS sicher noch nie gelobt. Es spielte sicher auch no...

Rolf-Bernhard Essig "Ein Wunderraum ist das!" So wie von Komponist Nikolaus Brass, dessen Stück "Kenosis" dort erklungen war, wurde das Bistro der VHS sicher noch nie gelobt. Es spielte sicher auch noch nie eine solch zentrale Rolle wie beim diesjährigen Festival Neue Musik Bamberg, bei dem neben Konzerten auf internationalem Spitzenniveau der direkte Kontakt und Austausch zwischen Publikum, Musikern und Komponisten großgeschrieben wurde. Das Konzept von Festivalleiter Markus Elsner ging perfekt auf.

Beim Neue-Musik-Brunch saßen die Zuhörer mit Brezen und Kaffee nur Meter von Flöte, Oboe und Klarinette entfernt, beim Salon mit Komponist Gerhard Stäbler umringten die Mitglieder des grandios aufspielenden Minguet-Quartetts das Publikum im Bistro, und beim Kinderkonzert erlebten die Kleinsten an gleicher Stelle mit dem fulminant komischen Stephan Lanius, wie man auf einem Kontrabass reiten und abgeworfen werden kann.

Beim superben Soloabend der Sängerin, Stimmakrobatin und Schauspielerin Salome Kammer erlebten Bamberger dann erstaunt, was der Große Saal im E-Werk doch für dramatisch wechselnde Lichtstimmungen ermöglicht, welche die erschreckend virtuos und höchst kunstvoll dargebotenen Werke wie Kurtágs Lichtenbergiana, Scelsis "Canti del Capricorno" oder ter Schiphorsts "Changeant" stimmig unterstrichen.

Hochkarätiges Festival

Das ganze Haus - Probenräume, Säle, Bistro, Mitarbeiter - wurde zum lebendigen Bestandteil dieses hochkarätigen und überaus vitalen Festivals, dessen Bamberg-Bezug nicht nur über Stipendiaten der Villa Concordia, sondern auch über das Eröffnungskonzert "Utopia 1919: Dichterrepublik" hergestellt wurde. Der Kontrapart dieses experimentellen Bayern saß ja in unserer Stadt. Neueste Kompositionen von Pogatschar, Müller-Wieland, Schachtner, Weidner präsentierte das Münchener Ensemble Zeitsprung unter Leitung Johannes X. Schachtners revolutionär, mit Verve und auch leisen Tönen, wobei das Wort natürlich breiten Raum einnahm, von Salome Kammer, Mezzosopran, und Stefan Hunstein, Sprecher, in tausend Nuancen gefeiert.

Ob man gleichwohl das Abschlusskonzert am Sonntag als Höhepunkt bewerten soll? Es wäre schon deshalb berechtigt, weil in den drei Tagen mit sieben Konzerten und zahllosen Gesprächen eine Art Festival-Gemeinschaft gewachsen war, die nun ein wenig traurig übers Ende, vor allem aber besonders aufgeschlossen kundig dem Minguet-Quartett und Yamei Yu (Violine) zuhörte. Bereit für das produktiv Irritierende, wirkte das Publikum mit seiner Konzentration mit an den Kompositionen, unter denen Brass' 5. Streichquartett mit zwei obligaten Klarinetten und Allan Pettersons 1. Violinkonzert herausragte.