Tragisches Schauspiel vor dem Lichtenfelser Amtsgericht

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von unserem Mitarbeiter Markus Häggberg Lichtenfels — Das Königlich bayerische Amtsgericht hatte liebenswerte Fälle zu bieten. Auf dem Lichtenfelser Amtsgericht hingegen bot sich g...

von unserem Mitarbeiter Markus Häggberg

Lichtenfels — Das Königlich bayerische Amtsgericht hatte liebenswerte Fälle zu bieten. Auf dem Lichtenfelser Amtsgericht hingegen bot sich gestern ein eher tragisches Schauspiel. Eine gefährliche Körperverletzung mit Erbstreitigkeit als Hintergrund.
Auf Krücken humpelte der Angeklagte in den Saal 14 im ersten Stock. Dass er die auch tatsächlich braucht, stellten ihm ein Prozessbeobachter und ein Zeuge in Abrede. "Du bist der größte Lügenbaron", "du Zigeuner" und "der Herrgott wird dich strafen, er hat dich schon gestraft", waren Worte, die der 57-jährige Angeklagte über sich ergehen ließ. Was ihm vorgeworfen wurde, hielt sein Verteidiger Andreas Piel für ein abgekartetes Spiel. "Haben Sie sich die Verletzung selbst beigebracht?", fragte er gar den Mann, der als Opfer in den Akten steht. Was war geschehen? Eines Michelauer Tages im März 2014 bemerkte der Angeklagte Pferdeäpfel auf der Fahrbahn vor seinem Haus. Diese wollte er von der Fahrbahn räumen, als ein Pkw um die Ecke bog. Bis hierhin blieb alles unstrittig, ab nun aber nahmen die Ansichten oder Absichten, auf alle Fälle aber die Aussagen diametral entgegengesetzte Wege.

"Weil ich zu viel weiß"

Weil der Angeklagte vor Richterin Anja Wolf-Albrecht vorbrachte, dass der Pkw-Fahrer, ein 66-jähriger Rentner und Bekannter, ihn beinahe habe umfahren wollen. "Weil ich zu viel weiß von Straftaten", so der Beschuldigte. Er selbst habe nur die Pferdeäpfel mit einer Kehrschaufel in eine Hecke räumen wollen.

"100 Prozent war das Absicht"

Aber das wiederum schilderte der Rentner anders, denn nach seinen Angaben bewarf der 57-Jährige sein Auto. Also stieg er aus, um ihn zur Rede zu stellen. "Da haut der mir die Schaufel ins Gesicht", so der Rentner. "100 Prozent war das Absicht", fügte er noch bei. Vor allen Dingen aber erklärte er, dass der Mann mit Krücken auf ihn zugerannt sei. Zwei im Publikum sitzende Zuschauer zeigten sich sichtlich belustigt über die Schilderungen des Angeklagten. "Wenn Sie sich nicht zusammenraufen können, gehen Sie raus", tadelte Richterin Wolf-Albrecht dieses Verhalten. Doch auch später sollte sich zumindest einer der Zuschauer dem Angeklagten vorhalten, das Gericht anzulügen. "Die besten Freunde sind Sie wohl nicht?", fragte Richterin Anja Wolf-Albrecht lakonisch. "Da haben Sie wohl recht", gab der Mann wider, der angeblich oder tatsächlich mit der Kehrschaufel traktiert wurde. Er sprach von einem klaffenden Schnitt an seiner linken Halsseite. Der Strafverteidiger des Angeklagten hingegen von einer Quetschungswunde, die dann auch nicht von der Schaufel stammen könne. "Damit kommst du nicht durch!", gab der Zeuge bzw. das Opfer dem auf der Anklagebank Sitzenden mit auf den Weg. Dann wurde das Verfahren eingestellt, trennten sich die Streithähne, weil das Verfahren verfahren war und familiäre Streitigkeiten nicht die Öffentlichkeit belasten sollten, so das Gericht. Schließlich werden sich die Parteien wegen der Schaufel und der angeblichen oder tatsächlichen Halswunde noch in einem Zivilprozess begegnen. Mit Schimpf und Schande verabschiedeten sie sich.