Tradition wird zur Gefahr

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Beim Johannisfeuer der Wasserwacht-Ortsgruppe Marktschorgast am Goldbergsee sorgte die örtliche Feuerwehr für Sicherheit.
Beim Johannisfeuer der Wasserwacht-Ortsgruppe Marktschorgast am Goldbergsee sorgte die örtliche Feuerwehr für Sicherheit.
Bruno Preisinger
 

Brandgefahr  Offenes Feuer auf der Wiese oder am Waldrand kann bei der aktuellen Trockenheit zu einer Katastrophe führen. Viele Kommunen sagen daher die Sonnwend- und Johannifeuer notgedrungen ab.

Allerlei Sagen und Legenden ranken sich um den 21. Juni, den Tag der Sonnwende. Es ist ein Lostag, also ein Tag, der richtungsweisend für das Wetter der nächsten Wochen sein soll. Er steht in engem Zusammenhang mit Johannes, dem Täufer. Früher glaubten viele, dass das Feuer Dämonen vertreiben könne. Wissenschaftlich belegt ist: An diesem Tag ist die Nacht am kürzesten, der Tag am längsten. Überall dort, wo Brauchtum noch lebendig ist, würden am kommenden Wochenende Sonnwendfeuer angezündet werden. Viele Kulmbacher haben sich schon auf nächtliche Stunden am offenen Feuer gefreut. Denn die Sonnenwende hat Magie, egal, ob man daran glaubt. Doch das Wetter macht nicht mit: Es ist zu heiß und zu trocken. Es hat in den vergangenen Monaten viel zu wenig geregnet, alles ist ausgetrocknet. Der Wasserstand der Gewässer ist niedrig. Ein einziger Funke könnte ein Inferno entfachen.

Zweithöchste Warnstufe ausgerufen

Im Landkreis Kulmbach hat der Deutsche Wetterdienst Waldbrandstufe 4 ausgerufen, erklärt Yves Wächter von der Feuerwehr Kulmbach. Deutschlandweit gibt es nur fünf Waldbrandstufen: eins bedeutet sehr geringe Gefahr, Stufe 5 bedeutet sehr hohe Gefahr. Die Stufe 4 kann mit der Warnung "hohe Gefahr" am besten beschrieben werden.

Feuer, die in Waldnähe (100 Meter oder weniger) abgebrannt werden sollen, sind nicht mehr zulässig. "Aber auch Sonnwendfeuer an anderen Stellen, insbesondere auf trockenen Wiesenflächen, sind in der aktuellen Situation nicht ungefährlich. Das Landratsamt weist deshalb darauf hin, dass beim Abbrennen eine Abstimmung mit der örtlichen Feuerwehr erfolgen sollte", teilt Pressesprecher Björn Karnstädt vom Landratsamt Kulmbach mit.

Doch was passiert, wenn die örtliche Feuerwehr Veranstalter für die Sonnwendfeier ist? Bürgermeister Harald Hübner aus Neudrossenfeld hatte genau die Situation. Die Freiwillige Feuerwehr Schwingen wollte am Ortsrand ein Sonnwendfeuer entzünden und bat um Genehmigung. "Wir haben uns darauf geeinigt, dass es wegen des trockenen Wetters zu gefährlich ist", sagt Hübner. Doch der Neudrossenfelder Bürgermeister hätte auch keine Scheu gehabt, das Feuer schlicht und ergreifend nicht zu genehmigen. "Wir hätten es, wenn es zu keiner Einigung gekommen wäre, untersagt", so Hübner.

Tatsächlich erteilt nicht das Landratsamt die Erlaubnis, sondern jede einzelne Kommune - und deshalb ist auch sichergestellt, dass die Situation jeder einzelnen Örtlichkeit berücksichtigt wird. Wegen der hohen Gefahr hat die Regierung von Oberfranken bereits Luftbeobachtungsflüge angeordnet. Die Beobachter sollen Brandherde schnell erkennen, um eine größere Ausbreitung zu verhindern.

Appell an die Vernunft

"Wenn man jetzt draußen unterwegs ist, wäre es gut, wenn man Glasscherben, die in der Sonne glitzern, aufhebt, damit kein Brand entsteht. Man soll auch nicht mit dem Auto ins hohe Gras fahren", rät Wächter. Denn durch den heißen Katalysator kann es schnell zu einem Brand kommen. Rauchen, Feuer machen und Grillen sind natürlich ohnehin untersagt. "Das Landratsamt empfiehlt allen Waldbesitzern, bei Waldarbeiten anfallendes Holz, Reisig oder Kronenmaterial nicht zu verbrennen, sondern abzutransportieren oder zu hacken", ergänzt Karnstädt.

Bei den Kommunen im Landkreis Kulmbach sind die Mahnungen schon angekommen. In Marktleugast, Kasendorf, Stadtsteinach und Presseck wurden die Sonnwendfeuer bereits abgesagt. Wirsberg zögert noch. Die Kommune macht alles davon abhängig, ob es von Freitag auf Samstag regnet. In Thurnau gibt es noch einen Hoffnungsschimmer, vielleicht doch noch solch eine Brauchtumsveranstaltung durchführen zu können. Denn am Eichholz würde erst am 1. Juli ein Sonnwendfeuer durchgeführt. "Es ist noch Zeit. Wir können das Feuer auch kurzfristig absagen - also zwei Tage vor der Veranstaltung, weil das Feuerholz erst im letzten Moment aufgeschichtet wird", erklärt der Thurnauer Bürgermeister Martin Bernreuther. Veranstalter wäre der Gartenbauverein, in Zusammenarbeit mit dem Musikverein. Für das Sonnwendfeuer in Limmersdorf sieht Bernreuther aber keine Chance. "Das haben wir schon abgesagt, denn es wäre zu gefährlich", erklärt er.

Die Feuerwehr Kulmbach hat übrigens, für alle Fälle, 10.000 Liter Löschwasser zusätzlich angefordert. Das bedeutet: Bei Freiflächenbränden und Waldbränden sorgt die Integrierte Leitstelle dafür, dass mehrere Wehren ausrücken, mit mehr Wasser als in anderen Jahreszeiten.