Mirjam Elsel koordiniert künftig die Arbeit mit Flüchtlingen im Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirk Bamberg. Die Pfarrerin in der Gemeinde in Hirschaid-...
Mirjam Elsel koordiniert künftig die Arbeit mit Flüchtlingen im Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirk Bamberg. Die Pfarrerin in der Gemeinde in Hirschaid-Buttenheim bekleidet diese 0,25-Stelle bereits seit 1. Mai, wurde aber offiziell erst gestern Abend in ihr Amt, das auf drei Jahre befristet ist, von Dekan Hans-Martin Lechner in der Erlöserkirche Bamberg eingeführt. "Ich freue mich auf meine neue Aufgabe und die Herausforderungen, die sie mit sich bringt", sagt Elsel.
Wenn es einer Koordinatorin für die Arbeit mit Flüchtlingen bedarf, scheint diese breiten Raum im Dekanat Bamberg einzunehmen. Können Sie den Umfang anschaulich machen?
Mirjam Elsel: Fragen des Umgangs mit Flüchtlingen sind eine der großen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Als Kirche, auf der Seite der Menschen, die Schutz bedürfen, sind wir hier besonders gefragt. Viele Kirchengemeinden sind in Helferkreisen vor Ort aktiv. Sie stellen zum Beispiel Räume zur Verfügung, koordinieren die Helfer, bieten Deutschkurse an, leisten Seelsorge für Geflüchtete und die Helfer. In Bamberg haben wir mit der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken noch mal eine besondere Situation. Die Koordinierungsstelle berät und unterstützt die Kirchengemeinden bei dieser Arbeit, bündelt Informationen und gibt diese weiter, organisiert Bildungsmaßnahmen und bringt Themen in die kirchlichen Gremien und die Öffentlichkeit ein. Dabei arbeitet sie eng mit Netzwerken und anderen Organisationen der Flüchtlingsbegleitung zusammen. Für diese Arbeit hat der Dekanatsausschuss vor eineinhalb Jahren eine Stelle im Umfang von 25 Prozent eingerichtet. Diese wird jetzt mit mir neu besetzt.
Was motiviert Sie, diese Aufgabe zusätzlich zu übernehmen?
Ich bin selber schon seit meinem Studium in den 90-ern in der Arbeit mit Geflüchteten engagiert. In der Arbeit in meiner Kirchengemeinde Hirschaid-Buttenheim habe ich viel mit Geflüchteten und ihrer Situation zu tun. Die Geschichte eines jeden Menschen ist wieder anders. Niemand flüchtet einfach so und verlässt Heimat und Familie. Beim Geburtstagsbesuch hat mir eine 80-Jährige aus meiner Gemeinde von ihrer Flucht aus Ostpreußen erzählt. Mit Tränen in den Augen, sagte sie, sie könne nicht schlafen, wenn sie heute die Bilder von Flüchtlingen im Mittelmeer sehe. Sehr bedenklich finde ich die schärfer werdenden Töne, die wir momentan auf politischer Ebene im Umgang mit Flüchtlingen hören. Da werden Abschiebungen nach Afghanistan wieder aufgenommen oder Flüchtlinge, die keine sichere Bleibeperspektive haben, bekommen keine Ausbildungs- und Arbeitserlaubnis. Solche Maßnahmen schaffen Probleme. Für die Betroffenen sind sie fatal. Die Frage, wie wir mit Geflüchteten umgehen, wird herausfordernd bleiben. Aber sie darf nicht dazu führen, dass wir als Gesellschaft auf unsere humanitären Grundwerte verzichten. Für diese einzutreten, ist für mich eine große Motivation.
Sie engagieren sich auch stark bei den montäglichen Mahnwachen am Gabelmann gegen die Abschiebung von Flüchtlingen nach Afghanistan. Haben Sie das Gefühl, dadurch etwas zu bewegen?
Doch, wir bewegen viele Menschen. Es kommen auch nach 20 Wochen noch jeden Montag 150 bis 300 Menschen am Gabelmann zusammen. Gemeinsam setzen sie ein Zeichen gegen Abschiebung nach Afghanistan und für faire Asylverfahren. Die Mahnwachen sind mittlerweile für Engagierte und Geflüchtete zu einem wichtigen Ort des Austauschs geworden. Politisch sind unsere Forderungen noch nicht umgesetzt. Daher wiederholen wir: Afghanistan ist nicht sicher. In Kriegs- und Krisengebiete darf nicht abgeschoben werden.
Die Fragen stellte
Michael Memmel