Schule oder Kindergarten?

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Illustrationen: krissikunterbunt, Gstudio Group/Adobe Stock Composing: Micho Haller
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Rektorin Jasmin Müller-Alefeld berät Eltern, wenn es um die Einschulung geht. Die Entscheidung ist nicht immer leicht, aber im Interview gibt sie wertvolle Tipps.

Sommerkinder können ihren Geburtstag fast immer draußen feiern. Das finden nicht nur die Kinder toll. Auch die Eltern freuen sich, dass die Freundesschar nicht im Februar in den eigenen vier Wänden bespaßt werden muss. Doch wenn es um die Einschulung geht, stehen Eltern von Sommerkindern immer wieder vor der Frage: Soll ich mein Kind schon einschulen, obwohl es gerade erst sechs geworden ist oder schenke ich ihm noch ein Jahr?

Jasmin Müller-Alefeld, Rektorin der Grundschule Neuses, berät Eltern in dieser Frage. Denn mit dem kommenden Schuljahr hat das Kultusministerium den Elternwillen für Kinder, die zwischen dem 1. Juli und 30. September geboren sind, in den Mittelpunkt gerückt.

Die Schulämter und Kindergärten mussten heuer relativ kurzfristig mit den wankenden Zahlen jonglieren. Nach Auskunft von Jugendamtsleiter Reinhold Ehl gab es jedoch keine größeren Probleme. Lediglich in manchen Kindergärten musste die Gruppenstärke vorübergehend erhöht werden.

Für das Schuljahr 2020/21 gibt es jetzt am Donnerstag, 25. Juli, einen Informationsabend (siehe Infokasten), bei dem auch Jasmin Müller-Alefeld dabei ist und Eltern berät. Im Gespräch mit dem Tageblatt gibt sie einige Tipps, worauf Eltern achten sollten.

Frau Müller-Alefeld, als Rektorin der Neuseser Grundschule, sprechen Sie auch vor Eltern mit Vorschulkindern. Sehen Sie eine Tendenz, dass Eltern ihren Kindern gerne noch ein Jahr "schenken" würden, bevor sie es einschulen?

Jasmin Müller-Alefeld: An unserer Schule sehe ich diese Tendenz nicht. Der eingeführte Korridor lässt solche Gedanken aufkommen. An der Grundschule Neuses waren unter den 16 Kindern für das nächste Schuljahr zwei sogenannte Korridorkinder. Beide werden eingeschult.

Eltern sind durch die Einführung des Korridors verunsichert, denn sie wollen das Beste für ihr Kind und machen sich die Entscheidung nicht leicht. Um die Unsicherheiten abzubauen, wird es am 25. Juli einen Elterninformationsabend zum Thema "Korridor" geben.

Wie stehen Sie dazu? Sind Kinder im Kindergarten besser aufgehoben als in der Schule?

Warum sollen Kinder an einem Ort besser und am anderen Ort schlechter aufgehoben sein? Allein die Frage zählt: "Wo ist der beste Lernort für mein Kind?" Jedes Kind muss für sich gesehen werden und es muss für jedes Kind die individuell beste Lösung gefunden werden.

Unter welchen Bedingungen empfehlen Sie, ein Kind zurückzustellen?

Generell gilt es, sowohl die körperliche als auch die geistige sowie die emotionale und soziale Entwicklung des Kindes zu berücksichtigen. Wenn es um Rückstellung geht, dann gibt es bei manchen Kindern Bedenken, ob die Einschulung eventuell zu früh sein könnte und ob das Kind den anstrengenden Schulalltag schon meistern kann.

Bevor ein Kind zurückgestellt wird, werden Gespräche mit den Eltern und mit den pädagogischen Fachkräften der Kindertagesstätte geführt. Dazu kommen die Beobachtungen während der Schuleinschreibung. Im Gespräch nach der Schuleinschreibung mit den Eltern wird aufgezeigt, in welchem Bereich noch Schwächen sind. Und dann zählt allein wieder die Frage: "Was braucht das Kind?" Jedes Kind ist für sich zu sehen und es muss für jedes Kind die individuell beste Lösung gefunden werden.

Sind Kinder heutzutage schwerer zu erziehen?

Sokrates (*469 v. Chr.) über Jugend: Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.

Wie können Eltern ihre Kinder bestmöglich fit für die Schule machen?

Die Kinder sollen den Alltag bewusst leben können, z. B. • kochen, aufräumen, einkaufen, in ganzen Sätzen reden, singen, basteln, Gartenarbeit ...,

• spielen,

• Sport

• ein Nein auch als echtes Nein kennenlernen.

Wichtig ist, den Kindern Vertrauen zu schenken und Selbstvertrauen aufzubauen, dass sie selbstbewusst und eigenständig werden. Die Kinder sollen sich von zu Hause getragen fühlen.

Können Kinder Ihrer Meinung nach vor dem Schuleintritt ganz vom Handy ferngehalten werden? Die Beobachtung sagt eigentlich nein.

Es kommt nicht aufs Fernhalten an (Handys sind Teil des Alltags!), sondern auf das Elternvorbild im Umgang damit. Es liegt in der Verantwortung der Eltern, ein gutes Vorbild im Umgang mit dem Handy zu sein und die Zeit, die das eigene Kind mit dem Handy verbringt, im Auge zu behalten.

Der Bildungsauftrag der Schule wird immer mehr zum Erziehungsauftrag. Was entgegnen Sie Lehrern, die sich dagegen wehren und dies nicht als Teil ihres Auftrags sehen?

Bildung ohne Erziehung gibt es nicht! Es war, ist und wird auch immer Teil unseres Berufes sein.

Es ist in der Landesdisziplinarordnung (LDO) und in der Bayerischen Verfassung festgeschrieben!

Die Fragen stellte Christiane Lehmann.