Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs musste das gesamte Leben in der Region neu geordnet werden - geprägt von Kompromissen.
Die vier Siegermächte übernahmen 1945 die gesamte Regierungsgewalt und teilten Deutschland in vier Besatzungszonen auf. Bayern kam unter amerikanische Kontrolle. Erste Maßnahme der Militärregierung war die sofortige Inhaftierung aller nationalsozialistischen Amtsinhaber. Bis Ende Juli 1945 kamen rund 80 000 Nazifunktionäre in "automatischen Arrest".
Der deutsche Verwaltungsapparat wurde anschließend von Nationalsozialisten gesäubert, arbeitete aber unter amerikanischer Kontrolle kontinuierlich weiter. Im Juli 1945 wurden im Landkreis Ebermannstadt 65 der 67 Bürgermeister ausgetauscht, dann in einer ersten Welle Nationalsozialisten aus Lehrerschaft, öffentlicher Verwaltung und Polizei entlassen. Das waren von 517 Beschäftigen immerhin 191 Personen (knapp 37 Prozent), die Berufsverbot erhielten. Dass sie nicht ohne Weiteres zu ersetzen waren, erschwerte den politischen Neuaufbau erheblich.
Es gab keine "Stunde Null", von der aus mit frischen Kräften neu begonnen wurde, sondern einen Schockzustand, in dem ein Nebeneinander von "autoritärer Tradition, demokratischer Besinnung und kompromißbereitem Neuanfang" die Jahre bis zur Währungsreform 1948 prägten. So beschreibt Jutta Beyer die "politische Kultur und die lokale Politik nach 1945 am Beispiel der Städte Forchheim und Schwabach" in ihrer Dissertation von 1987 über die "Demokratie als Lernprozeß".
Typisch für diese Orientierung suchende Notsituation war die Weiterbeschäftigung ehemaliger Nationalsozialisten. Im Landkreis Ebermannstadt durfte der in der Bevölkerung überaus beliebte Chefarzt Dr. Oskar Reichard - seit 1933 Mitglied in der NSDAP - im Januar 1946 nicht mehr weiter praktizieren, weil er versäumt hatte, seine befristete Zulassung zu erneuern.
"Unpolitisch"
Damit war das Krankenhaus ohne jede chirurgische ärztliche Versorgung. Unter dem Druck der Bevölkerung und dem Protest einer ganzen Reihe von Bürgermeistern musste die Militärregierung ihre Entscheidung revidieren. Reichard war einer der ersten, dem man eine "nominelle" Mitgliedschaft in der NSDAP attestierte und ansonsten seinen "unpolitischen Habitus" (Jutta Beyer) zugutehielt. Er "war kein überzeugter Nationalsozialist", urteilte die Spruchkammer später und stufte ihn als "Mitläufer" ein. "Er war nur Pflichtmitglied, jedoch in erster Linie Arzt und Mensch."
1949 passierte Ähnliches in Forchheim. Weil kein anderer da war, sollte ein Berufsschullehrer eingestellt werden, dessen "frühere nazistische und denunziatorische Tätigkeit" bekannt war. Im Stadtrat argumentierten SPD und KPD, es "dürfe nicht geduldet werden, alle großen Nazis wieder in Amt und Würden" zu bringen. "Im Interesse der Aufrechterhaltung des Unterrichts", setzte der Oberbürgermeister aber durch, den "einzigen Bewerber" provisorisch anzustellen und parallel dazu die Stelle neu auszuschreiben. Zuvor hatte Zweiter Bürgermeister Meixner allerdings noch "verlangt, daß mit den Verfolgungen endlich einmal Schluß gemacht werde".
Für die von unten aufzubauenden Demokratie, wie das die Besatzungskontrolle wollte, war die Entnazifizierung wenig hilfreich. Der Großteil der Bevölkerung lehnte sie als eine Maßnahme ab, die nicht in Rechnung stellte, wie es "wirklich im Dritten Reich" war. "Wir deutschen christlichen Frauen", war im Januar 1946 auf einem anonymen Aushang am Schwarzen Brett im Forchheimer Rathaus zu lesen, "lehnen strikt die Anklage jedes SA- oder SS-Mitgliedes als Verbrecher genau so ab wie die gegen jeden einzelnen Soldaten." Die Spruchkammern trugen keinesfalls zur "Selbstreinigung" bei, wie das ursprünglich die Siegermächte gewünscht hatten.