Gößweinstein soll einen neuen Funkturm bekommen. Die Bürger laufen Sturm.
Elf Gößweinsteiner Bürger nutzen die Bürgerfragestunde während der Marktgemeinderatssitzung im Kreativzentrum von Morschreuth, um gegen den geplanten, 45 Meter hohen Sendemast der Telekom in unmittelbarer Nähe des Höhenschwimmbads zu protestieren. Sie erhoben schwere Vorwürfe gegen Bürgermeister Hanngörg Zimmermann (FW) und den gesamten Marktgemeinderat.
Der Zug scheint jedoch abgefahren, weil der Gemeinderat mit einer Gegenstimme im Herbst 2019 der Verpachtung des gemeindlichen Grundstücks zugestimmt und der Pachtvertrag offenbar bereits abgeschlossen ist. Am 10. September schrieben die Bürger, die sich als Bürgerinitiative (BI) unter dem Namen "Standortalternative Funkturm Gößweinstein" formiert haben, einen Brief mit dem Ziel, eine offene Diskussion im Gemeinderat herbeizuführen und die Bürger in die Entscheidung zum Standort mit einzubinden.
Beides fand bisher aber nicht statt. Die Initiatoren der BI betrachten dieses Verhalten des Bürgermeisters, der ihr Anliegen bis heute nicht auf die Tagesordnung setzte, als "bürgerunfreundlich". Denn letztendlich hätten die angrenzenden Bewohner die Folgen und die Konsequenzen zu tragen. "Als Außenstehender hat man das Gefühl, dass das Thema Funkturm im Gemeinderat zensiert ist und Rede- und Diskussionsverbot zu diesem Thema herrschst", sagt Martin Redel, einer der Sprecher der BI und Vorsitzender des Fördervereins Höhenschwimmbad. Ein 45 Meter hoher Funkturm direkt neben einem Wohngebiet und den wenigen Freizeiteinrichtungen wie Freibad, Minigolf und neuem Kurpark werde laut Redel nicht nur das Ortsbild wesentlich verändern, sondern auch die Lebensqualität massiv beeinträchtigen, Einfluss auf den Tourismus haben und die Akzeptanz des Freibads stark gefährden.
Psychologischer Faktor
"Wer will seine Freizeit direkt unter einem Funkturm verbringen", fragt Redel. Nicht nur wegen der aus seiner Sicht nachgewiesenen Strahlenbelastung. Denn entscheidend sei der psychologische Faktor. Zudem werde die jahrelange ehrenamtliche Arbeit, die in das Freibad gesteckt wurde, mit Füßen getreten und ein Mahnmal für nachfolgende Generationen geschaffen, das für Ignoranz von Bürgersorgen und -ängsten steht.
Redel plädierte dafür, den Slogan auf der Gemeinde-Homepage von "Träumen und Verweilen im Naturbad - eingebettet in einer intakten Natur und mit sensationellem Blick auf Basilika und Burg" in "Wasser und Natur genießen unter einem Mobilfunk-Strahlenschirm" zu ändern. "Eine Obrigkeit, die nicht transparent kommuniziert, ist nicht mehr zeitgemäß", zitierte der frühere Bauamtsleiter Ferdinand Haselmeier aus einem Zeitungsartikel.
Und genau dies sei in Gößweinstein das Problem, so Haselmeier, der als SPD-Mitglied nicht einmal von seinen eigenen Gemeinderäten Informationen erhalten haben will. Betroffene Bürger erhielten auf Nachfrage laut Haselmeier vom Bürgermeister die Antwort: "Wenn dies jemanden stört, könne er ja wegziehen." Eine solche Aussage dementierte Zimmermann. Georg Besold, Anwohner Am Büchenstock, erklärte, dass er und seine Mitstreiter keine Funkturmgegner sind, sondern es ihnen um einen anderen Standort geht.
So habe die BI bereits drei bis vier Alternativstandorte angeboten und von den jeweiligen Grundbesitzern grünes Licht erhalten. Clemens Schrüfer will den Mast weiter in Richtung Wald verrückt wissen, damit er hinter den Bäumen versteckt wird. Alfons Vogler wollte wissen, wie die Gemeinderäte darüber denken. Für Georg Lang (CSU) war dies ganz einfach. "Wenn man das Grundstück nicht verpachtet, kann die Telekom dort auch nicht ihren Mast hinstellen".
Für Bürgermeister Zimmermann sei es wichtig, dass die Gemeinde etwas für die Infrastruktur tue. Über den Bauantrag des Funkmastes soll während der Bauausschusssitzung am 20. Oktober entschieden werden.