Ihr erstes Engagement führte Anne Weise nun ans E.T.A.-Hoffmann-Theater nach Bamberg. Die Spielzeit ist geprägt von gegensätzlichen Rollen, Bamberg-Begeisterung und dem Ankommen in einem verrückten Beruf.
Ein Brauer, eine Lehramtsstudentin und vier weitere bunt gemischte Mitbewohner wohnen mit ihr in einer WG. Anne Weise hat keine Schwierigkeiten mit dem Ankommen in Bamberg. Hört man die junge Schauspielerin über den Start am ersten festen Berufsstandort ihrer Schauspielkarriere sprechen, klingt es nach einem Blind Date mit Volltreffer: Sie gärtnert, geht viel spazieren und ist ein wahrer Regnitz-Fan: "Dass Wasser durch die Stadt fließt, in dem man auch noch baden gehen kann!"
Berlin, Bochum, Bamberg. Auch die drei "Bs" der Lebensstationen von Anne Weise lassen ihren Weg in die Welterbestadt nach einer runden Sache klingen. In ihrer ersten Spielzeit als Teil des Bamberger Theaterensembles ist sie in mehreren Produktionen zu sehen. Ihre Rollen könnten dabei gegensätzlicher kaum sein: "An einem Tag Kindertheater, am nächsten Tag Faust."
Gretchen und Gerda
In Goethes Tragödie spielt sie das Gretchen und verkörpert damit eine Figur, die für ihre Zeit enorm wagemutig war: "Mit 14 geht sie die Beziehung zu diesem Gelehrten ein, entscheidet sich dann gegen das Kind und letztlich auch gegen Faust. Das sind sehr große Entscheidungen."
Zugleich könne die Figur mit ihrem religiösen Weltbild für das heutige Theaterpublikum leicht wie aus der Zeit gefallen wirken. Anne Weise berichtet entsprechend von einem herausfordernden Entwicklungsprozess dieser Rolle prompt in ihrer ersten Spielzeit. Die junge Schauspielerin habe die Aufgabe allerdings "nicht als Bürde, sondern als ein Geschenk empfunden." Sich in Gretchen zu verwandeln bedeutete, "viel ausprobieren, um einen Weg zu finden, das erzählen zu können. Darum heißt das auch ,proben', man ,probiert' wirklich viel." Im Gegensatz zu Gretchen ist Gerda aus Hans Christian Andersens Märchen "Die Schneekönigin" keine außergewöhnliche Person, keine Pippi Langstrumpf. "Sie hat einfach ein großes Herz und will ihren Freund retten", beschreibt Anne Weise ihre zweite Rolle.
Beide Rollen verbinden sie auf der Bühne allerdings gleichermaßen stark mit dem Publikum, reißen die Trennung von Bühne und Zuschauerraum gefühlt kurz ein.
Es sind diese Momente unmittelbarer Reaktionen, die sie am Theater so faszinieren: "Wenn Gretchen sich dazu entscheidet, das Kind wortwörtlich in die Versenkung zu schicken, da merkt man, dass das Publikum dieser Situation ausgesetzt ist und selbst hadert."
Vorsprechen als Odyssee
Bei Kinderstücken geht es ohnehin enthemmter zu. Da springen die Kinder auf die Sitze und brüllen "Vorsicht, Gefahr!" In diesen Momenten spürt Weise, "dass die Kinder sich um dich Sorgen. Das gibt so viel Energie, das befeuert einen total."