Des G'schichtla ist der Rettl Motschenbacher grad erst untergekommen: Sie erinnert sich an ein Konzert des einst umschwärmten Sängers Vico Torriani vor fast genau 66 Jahren in Bamberg.
Grad will i mei Gschicht von der "Falsch'n Braut" in meinem Fundus ablegen, da fällt mir doch ein alter Zeitungsartikel von 1954 in die Hände: "Vico Torriani am 26. Januar in Bamberg" lautet die Überschrift.
Ja, damals war der Vico ein bewunderter und bekannter Star, mit einer samtigen, schmeichelnden Stimme, der die Herzen der Frauen jeden Alters gewann. Er war Schweizer lombardischer Herkunft und eigentlich Koch und Konditor, der bei einem Gesangswettbewerb in Zürich entdeckt worden war. Er sprach sechs Sprachen und sang in zwölf, blieb aber immer bescheiden und natürlich.
Man hatte das "Luli" am Luitpoldeck, 1954 der größte Kinosaal Bambergs, gemietet. Trotzdem bekamen viele keine Karten mehr. Als Vico Torriani im eleganten Smoking den Saal betrat, gab es stürmischen Beifall, vor allem von den "Backfischen", wie damals die Teenager noch hießen. Und großen Applaus gab es nach Schlagern wie "Cuculino", "Tausend Mandolinen" oder "Ein vis-à-vis wie Sie". Vico zeigte sich von seiner charmantesten Seite: Er "verkaufte" Schallplatten und Halstücher gegen Küsse.
Typischer Bamberger Kosename
Schließlich gab er in unverfälschtem Schwyzerdütsch bekannt, dass er zum Abschied noch eine Zugabe singen wolle, "Addio, Donna Grazia". "Doch vorher, meine Herren, nennen Sie mir einen typischen Bamberger Kosenamen für Ihren Schatz!"
Sofort rief ein Mann: "Mei Scheißäla!" Begleitet von seinem Pianisten Fritz Schulz-Reichel legte der Sänger, ohne mit der Wimper zu zucken, los: "Addio, mei Scheißäla ..."
Nach ohrenbetäubendem Beifall stürmten die begeisterten Backfische wegen eines Autogramms zu Vico auf die Bühne. Dessen Namen sprachen sie aber nicht mit weichem, südländischem Vau, sondern mit dem harten fränkischen Eff aus. Sie umdrängten ihn und schwenkten Fotos, Zettel und Blöcke, und jede wollte als Erste drankommen. Dabei riefen sie stürmisch: "Figgo, Figgo miich zäörscht!" Dabei kannten sie damals noch nicht seinen Hit "Sieben Mal in der Woche" und schon gar nicht seine Fernsehsendung "Der goldene Schuss".
50 Jahre später, 2004, hab ich die Geschichte vom "Backfischauflauf" im FT gebracht - und gleich gab es einen Nachschlag: Eine Frau rief mich an, die sich beim Lesen sofort in das Jahr 1954 zurückversetzt gefühlt hatte, in das Konzert von Vico Torriani. "Nadürlich", erzählt sie, "hob ich domols fürn Vico g'schwärmt - und wie!"