Neustadt und Sport nie vergessen

2 Min
Endlich wieder auf einem Podest. Ulrich Geuther (Mitte) ist portugiesischer Meister im Kugelstoßen. Foto: privat
Endlich wieder auf einem Podest. Ulrich Geuther (Mitte) ist portugiesischer Meister im Kugelstoßen. Foto: privat

Ulrich Geuther verschlug es von Neustadt in die Welt, er verlor den Sport, fand zu ihm zurück und kann allen Senioren nur empfehlen, ihren Körper fit zu halten. Es muss ja nicht der Kampf um Titel sein, wie bei ihm selbst.

Wenn Neustadter des Geburtsjahrganges 1953 ihre Klassenfotos von der Schule an der Heubischer Schule oder dem Arnold-Gymnasium zur Hand nehmen, finden sie darauf vielleicht auch Ulrich Geuther, der damals ihr Mitschüler war. Vielleicht fragen sie sich dann, was aus ihm geworden ist. Tatsächlich ist Ulrich Geuther schon lange nicht mehr in Neustadt zu Hause. Vergessen hat er seine Heimat aber nie und den Kontakt hat er ebenfalls nie ganz verloren. Jetzt meldete er sich aus seiner Wahlheimat Portugal, um vor allem seinen Sportfreunden von früher zu sagen: "Ich bin der neue portugiesische Meister im Kugelstoßen der Herren in der Altersklasse M65."
Das dürfte bei einigen älteren Mitgliedern des VfL Neustadt der frühen 70er Jahre Erinnerungen wecken. Ulrich Geuther gehörte damals zu den Top-Leichtathleten des Verein. 1970 hatte er das Arnold-Gymnasium verlassen und war zur Bereitschaftspolizei gegangen, später zur Grenzpolizei unter anderem am Flughafen München Riem. Aber 1969 holte er für den VfL die oberfränkische Meisterschaft der Jugend B in Kugel, Diskus und Speer, stand an der Spitze der bayerischen Bestenliste und bundesweit auf Platz 5.
Als Gewinner der Testwettkämpfe für die bayerischen Olympiatalente (1971) und bayerischer Vizemeister im Kugelstoßen (1974) gehörte er zu den großen Hoffnungsträgern des VfL. Dann bedeutete eine Bandscheibenoperation das "Aus" für Ulrich Geuthers Sportlerlaufbahn.


Neu orientieren

Er suchte nun Herausforderungen auf geistigem Gebiet, besuchte das Abendgymnasium und legte 1980 die Abiturprüfung mit einem Schnitt von 1,1 ab. In Trier studierte er mit Hochbegabten-Förderung Philosophie und Psychologie, arbeitete als Schulpsychologe, Trainer, Coach und als Projektleiter an der Dekra-Akademie im Saarland.
Als er 1997 als Fachmann für Qualitätsmanagement im sozialen Bereich zu einem Kongress nach Portugal eingeladen wird, ändert sich sein Leben erneut. Er verliebt sich in eine Journalistin, die in dort interviewt. 2000 erfüllt er sich den lange gehegten Wunsch, in einem südlichen Land zu leben, zieht zu seiner Frau nach Lissabon und arbeitet dort als freiberuflicher Trainer für Führungskräfte.
Seine Familie hat sich über den jährlich fälligen Urlaub bei seiner Mutter in Ulrich Geuthers fränkische Heimat und besonders Neustadt verliebt. Regelmäßig hält er noch Kontakt zu einigen alten Freunden, mit denen er im vergangenen Jahr seine goldene Konfirmation feierte.


Noch einmal der Sport

Es ist das Jahr 2017, als ihm eine Bestenliste seiner Altersklasse in der Leichtathletik in die Hände fällt. "Ich dachte, das kannst du mit ein bisschen Training auch", erinnert er sich. Das Ziel fiel denn auch nicht gerade bescheiden aus: portugiesischer Meister werden.
Allerdings hatte er mehr als zehn Jahre keinen Sport getrieben. "Mein Körper war zunehmend verfallen, zukünftiges Alzheimer durch ständiges Sitzen selbst programmiert", urteilt er heute. Ab Mai 2017 wurden die "Muskeln aufgeweckt" im Fitnessstudio. Im September kam dann nur der FC Belenenses für ihn als Verein infrage. Es ist der erfolgreichste Verein Portugals in der Senioren-Leichtathletik. Den ersten Test im Kugelstoßen unternahm Ulrich Geuther trotz allem Training im Studio lieber erst mal geheim. Er konnte es noch.
Seine Leistungen konnten sie wieder sehen lassen. Und weil er schon an die Teilnahme bei Welt- und Europameisterschaften dachte, suchte er sich auch noch einen deutschen Verein, den er im LAZ Saar 05 in Saarbrücken fand.
Nach einigen regionalen Wettkampfsiegen in Portugal holte er sich den Titel als südwestdeutscher Meister im Kugelstoßen seiner Altersklasse mit 10,72 Metern. Und inzwischen den Titel in Portugal mit 10,74 Metern.


Beispiel geben

Ulrich Geuther möchte mit seinem Engagement Senioren zeigen, dass es nie zu spät ist, in den Sport einzusteigen oder zurückzukehren. Er wollte noch einmal auf Titeljagd gehen. Ergebnis: "Ständig protestiert ein anderer Muskel, und es zwickt jeden Tag an einer anderen Stelle." Doch er hat eine klare Botschaft: "Das Aufbautraining hat meinem Körper außerordentlich gutgetan. Mehr Frische, viel größere Beweglichkeit, mehr Kraft und Energie, keine Gelenkschmerzen mehr." Er rät jedem, der es versuchen will, Geduld zu haben und nicht zu viel von seinem Körper zu verlangen, auch wenn es schwerfällt.
Man muss ja nicht wie Ulrich Geuther schon auf die nächsten Titel schielen. Im Diskuswurf und 100-Meter-Lauf rechnet er sich gute Chancen aus.