Nach 106 Jahren fehlt die Führung

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Der Kreisfachberater Michael Stromer (hinten rechts) mit dem Vorstandsteam der Garten- und Blumenfreunde Lichtenfels (von links): 2. Vorsitzender Heiner Bechmann, Ehrenmitglied Mathilde Rohde, Vorsitzende Maria Spies, Schriftführerin Inge Maether und Kassier Georg Spies Foto: Alfred Thieret
Der Kreisfachberater Michael Stromer (hinten rechts) mit dem Vorstandsteam der Garten- und Blumenfreunde Lichtenfels (von links): 2. Vorsitzender Heiner Bechmann, Ehrenmitglied Mathilde Rohde, Vorsitzende Maria Spies, Schriftführerin Inge Maether und Kassier Georg Spies Foto: Alfred Thieret

Lichtenfels — Seit mittlerweile 106 Jahren besteht der Verein der Garten- und Blumenfreunde Lichtenfels nun schon und hat dabei Höhen und Tiefen erlebt. Momentan befindet sich der ...

Lichtenfels — Seit mittlerweile 106 Jahren besteht der Verein der Garten- und Blumenfreunde Lichtenfels nun schon und hat dabei Höhen und Tiefen erlebt. Momentan befindet sich der Verein allerdings wieder in einem Tal, denn falls sich bis zur nächsten Hauptversammlung im Februar 2016 kein tatkräftiges Vorstandsteam findet, muss unter die Vereinsgeschichte im 107. Jahr ein Schlussstrich gezogen werden.
"Der Verein ist überaltert, es fehlen einfach die jungen Leute, die etwas bewegen können", beklagte die seit 1998 als Vorsitzende fungierende Maria Spies. Das gesamte Vorstandsteam ist in die Jahre gekommen und möchte die Vereinsführung in jüngere Hände geben.
Die wechselvolle Vereinsgeschichte sei ein Spiegel der Gesellschaft, meinte Georg Spies, der zum 100-jährigen Jubiläum vor sechs Jahren die eindrucksvolle Chronik schrieb. Zur Gründerzeit hätten engagierte Bürger und Honoratioren versucht, den Menschen Wissen und Können im Obstbau ebenso nahezubringen wie die Verschönerung der Landschaft durch bessere Einbindung der Orte in die Flur. So auch in Lichtenfels, wo am 8. Februar 1909 der Obst- und Gartenbauverein von 44 Gründungsmitgliedern aus der Taufe gehoben wurde.
Ebenso wie in der Industrie habe sich auch im Obst- und Gartenbau und in der Landwirtschaft in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts ein durchgreifender Wandel vollzogen. Das kam auch in der Umbenennung des Vereins 1967 in Garten- und Blumenfreunde zum Ausdruck. Waren die Gärten kurz nach dem 2. Weltkrieg praktisch reine Wirtschaftsgärten, so hätten sie sich einhergehend mit den sich ändernden Lebens- und Arbeitsverhältnissen mehr und mehr zum Freizeit-, Hobby-, Zier- und Wohngärten entwickelt. Das habe sich auch auf die Themenstellungen des Vereins ausgewirkt: Neue Gemüsesorten, gesunde Ernährung, Gefriertechniken oder Ziergehölze seien damals aktuelle Themen gewesen, Filme, Diaschauen, Ausflugsfahrten und die Pflege der Geselligkeit hätten viele Interessenten angelockt. Auch das Umweltbewusstsein rückte stärker in den Vordergrund.
Der Mangel an Zugängen in den letzten Jahren habe nun nicht nur zu einem Rückgang der Mitglieder von 230 im Jahr 2003 auf aktuell 140, sondern auch zu einer Überalterung geführt. Die Bedeutung des Erwerbsgartenbaus sei zugunsten geselliger Veranstaltungen stark zurückgegangen. Aufgrund der Altersstruktur der Mitglieder seien die Zukunftsaussichten nicht sehr rosig. "Ich hoffe aber, dass sich wieder aktive jüngere Gartenfreunde finden, die den Verein im Sinne der heutigen Gegebenheiten mit Leben erfüllen", so Georg Spies.
Es wäre traurig, wenn in der Kernstadt kein Obst- und Gartenbauverein mehr präsent wäre, unterstrich der Kreisfachberater Michael Stromer. "Gesucht werden aktive Leute, die den Verein mit frischen Ideen beleben, mit neuen Inhalten ausfüllen, mit Leben erfüllen und auch Kinder mit einbeziehen", so der Kreisfachberater. Gerade weil in der heutigen Zeit viele Menschen zu Bioprodukten aus der Region tendieren und den eigenen Garten auch wieder zum Gemüseanbau nutzen, müssten doch trotz der immer mehr zu beobachtenden Individualisierung einige engagierte Leute zu finden sein, die den Verein neu ausrichten und vitalisieren.
Alfred Thieret