Martin Kälberer überrascht sich gern

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Martin Kälberer war vor einigen Jahren mit Werner Schmidbauer in Höchstadt, jetzt kommt er solo. Foto: privat
Martin Kälberer war vor einigen Jahren mit Werner Schmidbauer in Höchstadt, jetzt kommt er solo. Foto: privat

Das Improvisationstalent will sich auch bei seinem Auftritt in Höchstadt von den Gegebenheiten des Augenblicks leiten lassen. Im Interview verrät er unter anderem, warum er nicht mehr gemeinsam mit Werner Schmidbauer auftritt und wie viele Instrumente er mitbringt.

Der Musiker, Multi-Instrumentalist, Improvisations- und Klangkünstler Martin Kälberer stellt am Sonntag, 27. November, um 18 Uhr in der Fortuna Kulturfabrik Höchstadt seine Doppel-CD "Suono" und die EP "morgenland" vor. Mit dem Thema "Einklang trifft Vielklang" ist er 2016/2017 solistisch auf Tour.


Bis jetzt kannte man Sie fast nur im "Doppelpack", denn seit mehr als zwei Jahrzenten sind Sie mit dem Musiker Werner Schmidbauer zusammen aufgetreten. Sie haben sich perfekt ergänzt und sind mit- und aneinander gewachsen. Im Juli war nun Schluss. Warum?
Martin Kälberer: Wir haben 22 Jahre zusammen musiziert und irrsinnig viele Konzerte - weit über 1500 - gespielt und elf Alben zusammen produziert. Beide hatten wir das Gefühl, dass nach dieser Zeit eine Zäsur angebracht sei, um sich ein bisschen rauszunehmen aus den Automatismen, die sich da ergeben. Wenn man wie wir glücklicherweise relativ erfolgreich ist mit dem, was man macht, muss man darauf achten, dass man sich nicht vom Erfolg treiben lässt, sondern innehält, um zu sehen, was man als Nächstes von innen heraus machen möchte.

Das Album "Suono" (suono heißt ich spiele oder der Klang) enthält zwei CDs. Was können wir uns unter "Vielklang" und "Einklang" vorstellen?
Vielklang ist tatsächlich eine Klangsammlung, basierend auf den verschiedenen Metall-Instrumenten wie Hang, Gubal, Halo, Gongs, Waterphone, singende Säge etc., deren archaischer, berührender Ton ein zentraler Bestandteil der Musiksprache des Künstlers ist.
Einklang ist hingegen vollkommen konzentriert und reduziert auf das Piano, das den Hörer elegisch, rhythmisch, pulsierend, aber auch entspannend mit auf die musikalische Reise nimmt.
Können Sie Ihre Musik und die Gedanken auf der EP "morgenland" beschreiben und wie sie entstanden ist?
Meine Musik ist immer eine Art Zustandsbeschreibung und letztlich immer der Versuch, ein (Klang-)Bild der Welt zu zeichnen, so wie ich sie momentan wahrnehme. Daher ist es nur natürlich, dass sich die Musik live ständig verändert und so kam der Gedanke, diesen Veränderungen nach einem Jahr "Suono" live Rechnung zu tragen und sozusagen ein kleines Update nachzureichen.
Anders als bei "Suono" gibt es aber keine Unterteilung in "Klavier pur" und "Metallklänge", sondern eher den intuitiven Griff in den großen Malkasten. So mischen sich Piano, präpariertes Piano, Hang, weitere Metallklangkörper, Vibrandoneon, Perkussionsinstrumente aller Art und meine Stimme. Entstanden ist die Suite "morgenland", eine Betrachtung ("reflection") in fünf Teilen: Morgenland - Gibellina - Reflection - Aleppo - Found again, die sowohl als großes Ganzes als auch in ihren Einzelteilen Gültigkeit haben. Es sind viele neue Gedanken und Emotionen in diese fünf Titel eingeflossen und ganz unmerklich, aber unvermeidlich, hat sich auch eine Art Hauptthema der EP ergeben - alles dreht sich um Bewegung, Veränderung, Zerstörung, Migration, auch Flucht, Ankommen, Neubeginn.

Sie sind ein Musiker, der viel und gerne improvisiert, man liest vom Konzept des "intuitiven Musizierens". Was ist schwerer: Improvisation oder vorgegebene Instrumentalstücke perfekt zu spielen, und was empfinden Sie beim Improvisieren?
Für mich ist das Improvisieren eigentlich leichter, weil ich mich von den Gegebenheiten des Augenblicks leiten lassen kann und weil ich hier die Chance habe, mich dabei selbst zu überraschen - was für mich das Spannendste am Musizieren ist.

Wie viele Instrumente haben Sie bei Ihrem Live-Konzert dabei und was ist ein Hang?
Es werden etwa 15 Instrumente sein. Ein Hang ist ein Metallinstrument, das weitläufig mit der Steeldrum verwandt ist - eine Ölfasstrommel.

Höchstadt ist ja nun keine Weltstadt, wieso gerade Höchstadt?
Vor einigen Jahren (ich glaube vor fünf oder sechs) war ich mit Werner auf einer Bayerntour, und da kamen wir auch nach Höchstadt in die Kulturfabrik. Schon beim Reinkommen dachte ich: Wow, was für ein toller Raum - ein Raum mit einer besonderen Atmosphäre. Da möchte ich einmal ein Solo-Konzert machen!

Das Gespräch führte
Johanna Blum.