Die Bundestagsabgeordnete Lisa Badum aus Forchheim kam mit einem ganzen Fragenkatalog ins Jörg-Creutzer-Heim. Gewissermaßen war die umweltpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Auftrag von Kordula Schulz-Asche, der Sprecherin für Pflegepolitik, unterwegs. Diese möchte durch ihre Fraktionskollegen Fakten und Erfahrungen über die Pflegesituation in den einzelnen Regionen sammeln.
"Der Besuch war menschlich sehr reichhaltig, und ich bin gerührt, wie hier essenzielle Gefühle angesprochen werden, die man sonst gerne wegschiebt", sagte Badum nach längeren Gesprächen mit Auszubildenden, Bewohnern und Leitungspersonal. Fachkräftemangel sei nicht das Problem des Hauses, betonte Jochen Misof, der Einrichtungsleiter. Das verdanke die Diakonie ihren eigenen Ausbildungsmöglichkeiten vor allem in Bamberg. Drei Azubis pro Jahr hat das Jörg-Creutzer-Heim, auch aus dem Ausland. Misof kümmert sich derzeit um die Arbeitserlaubnisse für zwei Albanerinnen, die als Kinder Asyl in Deutschland gefunden hatten und jetzt, Jahre später, keine Zukunft in der Heimat sehen.
Misof setzt generell auf auf das IHK-Modell "3 + 2" (drei Jahre Ausbildung und zwei Jahre Arbeitserlaubnis in Deutschland). Er hat selber bereits Fälle von Abschiebungen erlebt, von Leuten, die in Pflegeausbildung waren. "Verschwendete Ressourcen", meint Badum dazu. Man sollte solche Fälle sammeln und konzentriert vorgehen - bis hin zum zivilen Ungehorsam.
Misof wie auch die Pflegedienstleiterin Sabrina Pretscher sind sich sicher, dass die Menschen, die eine Ausbildung in Pflegeberufen anstreben, hochmotiviert sind. Vielfach seien sie auch besonders einfühlsam, weil ihre Herkunftskultur alte Menschen hochachte.
Das Personal im Jörg-Creutzer-Heim besteht zu etwa 55 Prozent aus examinierten Pflegekräfte und 45 Prozent Pflegehelfern. Halbe-halbe sollte es sein, doch an Hilfskräften mit der einjährigen Ausbildung mangelt es. Zum Teil, weil viele die Fachausbildung draufsatteln. Der große Unterschied in der täglichen Arbeit ist, dass die medizinische Versorgung und die Behandlungspflege nur von den Examinierten geleistet werden darf. Zusätzlich gibt es noch Beschäftigungsassistenten wie für die Kochgruppe oder fürs Garteln an den Hochbeeten vor dem Haus.
"Der Mangel liegt nicht an der geringen Bezahlung, sondern am schlechten Image der Pflegeberufe", ist sich Misof sicher. Er versucht, mit einem Mitarbeiterklima, "so dass keiner weg will", gegenzusteuern. Auch wenn er weiß, dass Ausfall durch Muskelleiden und psychische Erkrankungen bei der hohen Belastung nicht selten sind. Dazu gehört auch der Tod. Sterbebegleitung biete das Haus zusammen mit dem Hospizverein und der ambulanten Schmerztherapie Bamberg. Misof hat selber als Krankenpfleger in einer Intensivstation gearbeitet und viele Todesfälle miterlebt. Deshalb ist es ihm wichtig, dass man im Haus darüber reden oder die Supervision der Diakonie in Anspruch nehmen kann und dass Auszubildende behutsam herangeführt werden.


Pflege ist Frauenthema

Pflege ist ein Frauenthema. Sowohl die Mehrzahl der Betreuten ist weiblich als auch die der Pflegekräfte. Deshalb nehme das Thema nicht den gebührenden Rang in der gesellschaftlichen Diskussion ein, befürchtet Badum. Sie denkt dabei auch an eine anrollende Welle der Altersarmut, gerade bei Frauen.
Bislang sind im Jörg-Creutzer nur 20 Prozent der Bewohner auf Sozialhilfe für den Eigenanteil der Unterbringungskosten angewiesen. Aber viele müssen ihr Angespartes aufbrauchen, gerade weil die Lebenserwartung steige. Der Rückgriff auf Angehörige ist Misofs Erfahrung nach eher selten. Zwar werden Vermögensbewegungen zehn Jahre zurück einbezogen, aber die Abkömmlinge dürften ihren Lebensstandard halten.