18 Bürger haben sich vor zehn Jahren zusammengeschlossen, um eine Industrieansiedlung zu verhindern. Seitdem hat die Bürgerinitiative Kersbach dem Ort ein neues Gesicht gegeben, was vor allem rund um den Bahnhof abzulesen ist.
Ekkehard Roepert Direkt vor seiner Haustür sollte eine 33 Meter hohe Fabrik entstehen, da ging Gerhard Schneider auf die Straße. Sein Mitstreiter Rainer Thieme erinnert sich noch gut: Ein Grüppchen Protestierender, unterstützt von Stadträten (der Freien Wähler und der Grünen) legte ein weiß-rotes Plastikband auf dem Gehsteig aus, 33 Meter, es reichte von der Bäckerei fast bis zur Kirche. Das Band war so lang wie das Gebäude der Firma Kartonax hoch zu werden drohte.
Diese "spontane Aktion" (Thieme) war die Geburtsstunde einer Organisation, die sich fortan unter der Bezeichnung "Bürgerinitiative Kersbach: Lebenswertes Forchheim" einen Namen machte. 18 Frauen und Männer waren von Anfang an dabei, später wuchs die Zahl auf 30. Die Initiative habe "entscheidend dazu beigetragen", dass sich kein Industriegebiet am Ortsrand etablieren konnte, sagt Gerhard Schneider. Aber ein nicht minder gewaltiges Thema stand erst noch bevor - die Umgestaltung des Kersbacher Bahnhofs im Zuge des ICE-Ausbaus. Gerhard Schneider erzählt von dem Tag, als die Stadt die Planungen für den Haltepunkt Kersbach präsentierte: "Wir sahen sofort, dass da viele Wege eingeplant waren, die nicht zumutbar waren."
Planung umgekrempelt
Die BI griff ein und die komplette Planung wurde umgekrempelt. So wurde nicht nur der Schneider-Vorschlag umgesetzt, die Treppe auf die andere Seite der Brücke zu bauen. Beinahe alle Ideen, die heute realisiert (oder verbindlich geplant) sind, stammen aus dem Ideen-Pool der Bürgerinitiative: Etwa wurde der Pendlerparkplatz auf der Ost-Seite des Bahnhofs angelegt; die Rampe wurde verlegt - und es entsteht gerade ein Nahversorgungszentrum, das auch den Ansprüchen der künftigen Wohnbebauung in Pointäcker-Süd gerecht wird.
Die sinnvolle Infrastruktur am Haltepunkt Kersbach sei Dank der Hartnäckigkeit der BI zustande gekommen, betont Rainer Thieme. "Wir haben dafür gesorgt, dass die Stadt in die Puschen kam und haben dann dazu beigetragen, dass jede Menge Geld gespart wurde", ist Gerhard Schneider überzeugt.
Während der Forchheimer Stadtrat und die Stadtverwaltung seit Jahren im Clinch mit der Deutschen Bahn liegen, hat die BI Kersbach eine ganz andere Erfahrung gemacht: "Wir hatten nie das Gefühl, von der Bahn über den Tisch gezogen zu werden", betont Thieme. Frühzeitig und zugleich geduldig verhandelt zu haben, darin sieht die Bürgerinitiative ihr Erfolgsrezept. Allerdings räumen die beiden Sprecher Thieme und Schneider auch frustrierende Momente in der zehnjährigen Arbeit ein.
Etwa beim Hochwasserschutz. "Da könnte die Stadt schon drei Jahre weiter sein", ist Thieme überzeugt. Seit der Regenkatastrophe des Jahres 2007 nervte er erst den damaligen OB Franz Stumpf (CSU/WUO), dann dessen Nachfolger Uwe Kirschstein (SPD) mit drängenden Fragen zum Hochwasserschutz. Speziell das Auftreten von Stumpf gegenüber den Gemeinden Poxdorf und Effeltrich habe bei den kleineren Nachbarn zu einer Art Boykott-Haltung geführt. "Aus Angst, über den Tisch gezogen zu werden", meint Thieme. Daher sei beim Hochwasserschutz, der sinnvollerweise nur im Verbund mit Baiersdorf, Poxdorf und Effeltrich zu lösen sei, viel Zeit verloren gegangen. Im Frühjahr soll nun das Wasserrechtsverfahren abgeschlossen sein, für Herbst ist der Baubeginn geplant. "Es hat zu lange gedauert", kritisiert Gerhard Schneider. Und Rainer Thieme bleibt skeptisch: "Dass es losgeht, glaube ich erst, wenn ich da draußen den ersten Menschen mit einem Spaten sehe."