Auch vor einem halben Jahrhundert hatten die Herzo- genauracher schon ihren Spaß bei der "warmen Kirchweih". Sogar manche Gesprächsthemen sind gleich geblieben.
Am Freitagabend ging es wieder los. In Herzogenaurach ist die 5. Jahreszeit angebrochen. Für "Weihersbachianer" ist es die schönste Zeit in ihrem Städtla. Für alle Nicht-Herzogenauracher, Neubürger und Zugereiste: "Weihersbachianer" sind kein Volksstamm, vielmehr sind es die Freunde der Geselligkeit, Gemütlichkeit und des Gerstensaftes, für die es nichts Schöneres gibt, als unter den schattigen Bäumen auf oder vor den Bierkellern in den Weihersbachanlagen zu sitzen, um eben jenem edlen Getränk aus Hopfen und Malz zu frönen.
Zehn Tage lang gilt für Kerwafreunde: Wir treffen uns auf "a Mäßla" (es dürfen auch deren zwei, drei oder mehr sein) auf einem der Keller. Und fast jedes Jahr gibt es das Gejammer um den Bierpreis und um die zu laute Musik, mit der die Besucher von der Bühne beschallt werden.
Kritik hin, Kritik her. Selbst wer noch so laut schimpft: Die Bierkeller üben eine magische Anziehungskraft auf die "original Herzogenauracher" aus.
Schon im 19. Jahrhundert traf man sich zur Sommerszeit nicht im Keller, sondern "auf dem Keller" (für Nichtfranken unerklärlich) zu Bier und Brotzeit. Ein kolorierte Postkarte aus dem Jahr 1906 zeigt Besucher auf dem Glaß'schen Keller (damals noch nicht überdacht), wo man sich zum Ausklang eines arbeitsreichen Tages sein wohlverdientes Bier gönnte.
Wesentlich jünger als die Keller ist die Sommerkirchweih. Erst 1952 wurde die "warme Kerwa" im Gegensatz zur "kalten Kerwa" über und um den Martinstag eingeführt.
Und auch der Name war einem Wandel unterzogen: Weil man trotz einer öffentlichen Ausschreibung von Preisen in Höhe von 10, 15 und 20 Mark für einen passenden Namen keine treffende Bezeichnung fand, hieß die Kirchweih 1952 ganz schlicht und einfach "Aurachgründer Volksfest".
Keine Konkurrenz
Der Termin wurde seinerzeit auf die Tage vom 11. bis 20. Juli festgelegt, um nicht mit dem fast parallel stattfinden Forchheimer Annafest (26. Juli Namenstag Anna und Joachim: die Eltern Marias) zu kollidieren. Im Lauf der Jahre bürgerte sich dann die erste volle Juliwoche für die Sommerkirchweih ein.
Und was hat die Kirchweih, was haben die Kirchweihfreunde in all den Jahren nicht alles erlebt? Da ist selbstverständlich der Bierpreis zu nennen, über den wohl immer gejammert worden ist.
1953 hatte die Stadt denselben nach Rücksprache mit der Regierung von Oberfranken auf 1,10 DM einschließlich Bedienungsgeld festlegen lassen. Billig?
Na ja, bedenkt man den durchschnittlichen Stundenlohn von 1,50 DM oder den Preis für eine Flasche Bier in der Flaschenbierhandlung von 30 Pfennig oder von zehn Zigaretten für eine DM, dann war das für den "kleinen Mann" damals auch viel Geld.
Im Gegensatz dazu lebten unsere amerikanischen Besatzer wie "Gott in Frankreich", denn der Dollar wurde mit 4,20 DM gehandelt. Was konnten die sich damals alles für einen Dollar leisten!