Stadtpfarrer Franz Rathgeber wollte im Konflikt mit den neuen Machthabern in keinem Bereich klein beigeben. Um die Fronleichnamsprozession möglichst prächtig auszugestalten, wurde 1936 ein neuer Tragehimmel nach Entwürfen von Kaplan Karl Gebert von den Dominikanerinnen zum Heiligen Grab in Bamberg bestickt. Die Kosten beliefen sich auf 500 Mark. Der Tragehimmel wird auch heute noch für die Prozessionen verwandt.
Zur Fronleichnamsprozession am 27. Mai 1937 bemerkte Stadtpfarrer Franz Rathgeber: „ Stadtrat und Behörden fehlten, dagegen war die Teilnahme besser als je." Die Prozession mit ihren Sechserreihen hielt eine gute Ordnung ein.
Alte Zunftfahnen untersagt
Die Fronleichnamsprozession 1938 war mit neuen Einschränkungen verbunden. In diesem Jahr, Fronleichnam fiel auf den 16. Juni, war zusätzlich zum Mitführen von Vereinsfahnen auch das der alten Zunftfahnen untersagt. Sogar die weiß-gelben Fähnchen in den Händen der kleinen Kinder wurden durch einen eigenen bezirksamtlichen Erlass verboten.
Eine weitere Verschärfung gab es 1939. Alle Prozessionen und Wallfahrten benötigten fortan nach einem neuen Reichsgesetz eine bezirkspolizeiliche Erlaubnis, da dabei „öffentliche Straßen über das verkehrsübliche Maß hinaus“ benutzt würden.
Mitteilung an die Parteigenossen
Vor der Prozession am 8. Juni 1939 mussten die Blockleiter den Parteigenossen folgende Mitteilung gegen Unterschrift eröffnen: „Es wird jeder Parteigenosse darauf aufmerksam gemacht, daß es sich mit unserer nationalsozialistischen Weltanschauung nicht vereinbaren läßt, als Kämpfer der nat.-soz.-deutschen Arbeiterpartei sich an einem Prozessionszug zu beteiligen. Bei dieser Gelegenheit wird auch darauf hingewiesen, daß das Parteiabzeichen während kirchlicher Handlungen nicht getragen werden darf.“ Unterzeichnet war die Mitteilung vom Ortsgruppenleiter und vom Ortspropagandaleiter der NSDAP .
Pfarrer Rathgeber konnte aber feststellen, dass das Ergebnis dieser Propaganda nicht das erwünschte war, denn die Fronleichnamsprozession war stärker denn je besucht.
Beim Umgang am Fronleichnamsabend, 4. Juni 1942, um die Kirche wurden die vier Altäre gehalten. Für jeden Stand war einer eingerichtet: für die Knaben an der Ehetür, für die Jungfrauen an der Außenwand des Chors, für die Männer und Frauen je einer auf der Nordseite. „Wenn es noch besser damit klappt, dass jeder Stand an seinem Altar die Lieder singt, wird dieser Umgang recht beliebt werden“, notierte Pfarrer Rathgeber.
Das Fest fiel 1943 auf den 24. Juni, den letztmöglichen Termin für Fronleichnam im Jahreslauf überhaupt. Statt an diesem Termin wurde es am Sonntag in der Oktav bei großer Beteiligung gefeiert, wie Stadtpfarrer Leonhard Ritter als Nachfolger von Rathgeber notierte. Die Feier an einem Wochentag war in Zeiten des totalen Kriegs nicht mehr möglich. Das Kriegsende in Herzogenaurach am 16. April 1945 ermöglichte der katholischen Stadtpfarrei die Rückkehr zu alten Sitten. Am 11. Mai 1945 richtete Stadtpfarrer Leonhard Ritter eine Eingabe, dass der Bürgermeister sowie die Stadtverwaltung „den vor 1933 üblichen Ehrendienst bei den Prozessionen an den Donnerstagen sowie an Fronleichnam etc. wieder übernehmen wolle. Der Ratsherrenstuhl ist für die Herren wieder reserviert“.
Trotz aller Widrigkeiten nach dem Zusammenbruch konnte am 31. Mai 1945 die Fronleichnamsprozession in Herzogenaurach abgehalten werden. Da die Hauptstraße gesperrt war, nahm sie ihren Weg über die Hintere Gasse, von der Bamberger- in die Goethestraße, die Gartenstraße hinunter, ein kurzes Stück auf der Hauptstraße und von dort über die Hintere Gasse zurück zur Stadtpfarrkirche. Die vier Altäre standen „am Plätzla“ (bei Familie Hildel, Hintere Gasse 51), bei der Gärtnerei Gauch (Ecke Goethestraße/Noppengasse), erneut beim Anwesen Hildel und vor dem Lebensmittelgeschäft Hildel, Hintere Gasse 71.