Die beiden bürgerlichen Parteien warnten in Wahlanzeigen vor der Sozialdemokratie: "Der kleine und kleinste landwirtschaftliche und gewerbliche Besitz mit Grund und Boden, mit Werkstatt und Werkzeug soll in Besitz des Staates übergehen. Der Bauer würde für sich und seine Familie Freiheit und Stammsitz verlieren."
Am hitzigsten verlief der Wahlkampf im Stimmkreis Ebermannstadt-Pottenstein-Gräfenberg, in dem der Forchheimer Gymnasialprofessor Hans Räbel sein Landtagsmandat gegen Max Fischer, den Volksschullehrer aus Kirchahorn, verteidigen musste. Fischer war Kriegsfreiwilliger, hatte 1917 vergeblich versucht, einen Friedensbund bayerischer Volksschullehrer zu gründen und war dann in die MSPD eingetreten.
Die heftige Auseinandersetzung zwischen den beiden Kontrahenten um Kirche und Sozialisierung lässt sich im Wiesent-Boten, der Ebermannstadter Lokalzeitung, an den Leserbriefen und Versammlungsberichten verfolgen. Mit 9930 Stimmen siegte Räbel und zog wie schon vor dem Krieg in den Landtag ein. Nach dem komplizierten Wahlsystem erhielt aber auch Max Fischer als sogenannter "Landesabgeordneter" über seine Liste ein Mandat.
MSPD in protestantischen Orten
Die BVP hatte ihre Hochburgen in den katholischen Gemeinden mit Spitzenergebnissen von über 80 Prozent wie im Forchheimer Umland, in Pretzfeld oder in Waischenfeld. Die MSPD erzielte in den protestantischen Orten ihre besten Ergebnisse: zum Beispiel in Gräfenberg mit 54,1, Egloffstein 84 und Heiligenstadt 76,2 Prozent. In diesen Gemeinden punkteten aber auch die Liberalen.
In Streitberg erhielt die DDP/DVP 23 Prozent und in Muggendorf sogar 82 Prozent der Stimmen. Die USPD verfügte nur in der Stadt Forchheim mit 8,8 Prozent über eine nennenswerte Wählerschaft. Bei der eine Woche später am 19. Januar 1919 durchgeführten Reichstagswahl änderte sich die prozentuale Verteilung nur geringfügig.
Im bayerischen Landtag waren die BVP mit 35 und MSPD mit 33 Prozent fast gleich stark vertreten. Ministerpräsident Kurt Eisner und seine USPD erlitten mit 2,5 Prozent der Stimmen eine vernichtende Niederlage. Deswegen wollte er bei der konstituierenden Sitzung am 21. Februar auch sein Amt niederlegen, wurde aber auf dem Weg ins Parlament von dem rechtsradikalen Studenten Graf Arco von Valley erschossen.
Als eine Stunde später der Innenminister und SPD-Vorsitzende Erhard Auer des ermordeten Ministerpräsidenten gedachte, stürmte ein linksradikaler Arbeiterrat ins Plenum und schoss auf die Regierungsmitglieder. Auer sank getroffen vom Stuhl, die anderen Minister warfen sich unter ihre Tische. Bei seiner Flucht schoss der Attentäter am Ausgang einen Major nieder. Gleichzeitig fielen Schüsse von der Tribüne ins Plenum, von denen der Kronacher BVP-Abgeordnete Heinrich Osel tödlich getroffen wurde.
Max Fischer blieb unverletzt. Schriftlich notierte er, dass er und sein Bayreuther Fraktionskollege Julius Steeger als letzte den Sitzungssaal verlassen haben. Seinem Enkel erzählte er viele Jahre später, er habe "in dem ausbrechenden Chaos Todesangst gehabt" und sei überzeugt gewesen, in Kürze an die Wand gestellt und erschossen zu werden. Mit einem Kollegen habe er sich in der Toilette eingesperrt. Von Hans Räbel wissen wir nicht, ob er auch an der Sitzung teilgenommen und die Schießerei erlebt hat.
Max Fischer jedenfalls kehrte umgehend nach Kirchahorn zurück. Nach der Radikalisierung der Revolution in München gab er am 14. März sein Landtagsmandat zurück und erklärte im Wiesent-Boten, dass er nach reiflicher Überlegung der "Parteipolitik ein für allemal" entsage. Er fühle sich als einer der Jüngsten - er war knapp 33 Jahre alt - der Verantwortung nicht gewachsen und wolle sich auf keinen Fall an dieser Gewaltpolitik beteiligen. Seine Partei nahm ihm den Austritt übel. Er aber blieb bei seiner Linie und widmete sich nun ganz dem Kampf für die Gemeinschaftsschule.