Gab es den Griff an den Kehlkopf?

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Auch die Fortsetzung der Hauptverhandlung gegen einen wegen vorsätzlicher Körperverletzung angeklagten 45-Jährigen gestaltete sich nicht einfach. Am Ende st...

Auch die Fortsetzung der Hauptverhandlung gegen einen wegen vorsätzlicher Körperverletzung angeklagten 45-Jährigen gestaltete sich nicht einfach. Am Ende stellte Richterin Sieglinde Tettmann das Verfahren gegen den Kulmbacher vorläufig ein. Der Mann muss als Auflage 3000 Euro in Raten an die Aktion "Deutschland hilft" überweisen.
Am 23. Mai 2017 soll der Beschuldigte in der Mittagszeit in einer Kulmbacher Mietwohnung einen Telekom-Werber anstatt der erhofften Unterschrift unter einen Vertrag Schläge verabreicht haben. Er soll den Mann sogar an den Kehlkopf gegriffen haben (wir berichteten).


"Leichte Schubser"

Der Angeklagte hatte am ersten Verhandlungstag lediglich "leichte Schubser" eingeräumt. Richterin Sieglinde Tettmann hatte die Hauptverhandlung unterbrochen, nachdem es bei der Anhörung Ehefrau des Angeklagten erhebliche Verständigungsprobleme gegeben hatte. Neben einem Dolmetscher wurden zum Fortsetzungstermin auch die beiden Polizeibeamten geladen, die damals den Vorfall aufgenommen hatten.
Bei dem Gespräch mit dem Telekom-Werber ging es um die Umstellung des Hausanschlusses auf Glasfaser. Der Inhalt des Vertrags führte zu einem Wortgefecht, der Angeklagte wollte nicht unterschreiben, weil ihm die Vertragsdauer von 24 Monaten nicht passte.
Daraufhin, so Verteidiger Alexander Schmidtgall, habe sein Mandant den Geschädigten aufgefordert, seine Wohnung zu verlassen. Ein Griff an den Kehlkopf sei dabei nicht erfolgt. "Es hat nur Schubser gegeben, weil der Telekom-Werber nicht gehen wollte."


Kurze Zeit krankgeschrieben

Der Werber aus Hof schilderte den Fall ganz anders. Von einer Fachärztin hatte er sich auch seine Verletzungen an Kehlkopf und Hals attestieren lassen. Er war für kurze Zeit krankgeschrieben und beklagte zudem einen Verdienstausfall.
Die Fachärztin hatte eine schriftliche Stellungnahme abgegeben, die dem Gericht auch nicht viel weiterhalf, weil das Attest hauptsächlich auf den Angaben des Geschädigten beruhte.
Auch der Polizeibeamte, der damals den Sachverhalt an der Wohnungstür des Angeklagten aufgenommen hatte, konnte nicht erkennen, dass der Geschädigte kurz vorher gewürgt worden war.
Richterin Sieglinde Tettmann schlug mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft eine Einstellung des Verfahrens vor. Während Alexander Schmidtgall zunächst "grünes Licht" signalisierte, war sein Mandant nach einer kurzen Unterredung außerhalb des Sitzungssaales damit allerdings nicht einverstanden.
Also wurde die Ehefrau des Angeklagten in den Zeugenstand gerufen. Schon nach wenigen Sätzen wurde deutlich, dass sie sich in widersprüchliche Aussagen verstrickte und sich damit selber in Bedrängnis brachte.
Die Richterin musste zudem den Ehemann mehrmals zur Ordnung rufen, weil er immer wieder dazwischen redete und der Dolmetscherin vorwarf, sie würde die Fragen falsch übersetzen. Und außerdem fügte er hinzu: "Ich gehe bis nach Brüssel, um Recht zu bekommen."
Soweit muss er nun doch nicht gehen. Die Ehefrau nahm die "goldene Brücke" der Richterin Sieglinde Tettmann ("Wir wollen Ihnen helfen!") an und machte von ihrem Zeugenverweigerungsrecht Gebrauch.