"Für außerordentliches Wirken"

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Alt-Oberbürgermeister Norbert Kastner ist nun Ehrenbürger der Stadt Coburg. Sein Nachfolger Norbert Tessmer zählt die Verdienste auf - und Kastner gibt den Dank weiter an zahlreiche Freunde und Weggefährten.

Gratulieren vorm Geburtstag geht eigentlich nicht - aber ganz kam Oberbürgermeister Norbert Tessmer nicht daran vorbei, dass Norbert Kastner am Montag 60 wird. Denn dass Kastner nun Ehrenbürger der Stadt Coburg ist, hat auch mit den 24 Lebensjahren zu tun, die er als Oberbürgermeister der Stadt wirkte. Kastners Engagement im Amt liege weit über dem normalen Maß, sagte Tessmer: "Ich war die ganze Zeit dabei, ich kann es beurteilen."

Kastner habe der Stadt Coburg "zu wirtschaftlicher Stärke, hoher Arbeitsplatzzentralität und Arbeitsplatzdichte, überdurchschnittlicher Zukunftsdynamik und ausgeprägter Familienfreundlichkeit verholfen", fasste Tessmer zusammen. Für dieses "außerordentliche Wirken" werde Kastner mit der Ehrenbürgerwürde ausgezeichnet.

Zuvor hatte Tessmer etliche Beispiele aufgezählt, was sich unter Kastners Ägide von 1990 bis 2014 zum Positiven entwickelt habe: "Kluge Wirtschafts- und Haushaltspolitik" habe es ermöglicht, dass die Stadt den Unternehmen und Existenzgründern gute Rahmenbedingungen verschaffen konnte; die "Familienstadt" fällt genauso in diese Zeit wie das Sambafestival. Damit habe Kastner ein weltoffeneres Bild von Coburg geprägt. Bildung, Wohnraumversorgung, Stadtsanierung waren weitere Punkte auf der Liste.

"Bürgerversammlungen im Zuge von ICE-Strecke und Autobahn waren nicht vergnügungssteuerpflichtig", sagte Tessmer, der in dieser Zeit als SPD-Stadtratsmitglied und Fraktionsvorsitzender auch Kastners Weggefährte war. "Und weißt du noch, wie uns die alten Damen im Gemeindesaal von Heiligkreuz mit Schirmen und Stöcken bedroht haben?", weil im Zuge der Marktplatzgestaltung die zentrale Bushaltestelle von dort verlegt werden sollte. Zum politischen Engagement kam das für den Sport, unter anderem für die Gründung des Handballvereins HSC 2000, der zweite Bundesliga spielt.

"Wie ein Klassentreffen" fühle sich die Feierstunde an, sagte Kastner mit Blick auf all die Weggefährten, die ins Rathaus gekommen waren: frühere Amtsleiter wie Kämmerer Manfred Galda ("der heimliche Oberbürgermeister"), persönliche Mitarbeiter wie Vorzimmer-Chefin Martine Pauly ("in den ersten Jahren mein Wegweiser in der Verwaltung"), Freunde wie Frank Rebhan, selbst Oberbürgermeister in Neustadt, und Leiter städtischer Unternehmen wie Willibald Fehn von der Wohnbau. Fehn habe die Sanierung der Ketschenvorstadt und die Soziale Stadt Wüstenahorn in die Wege geleitet, "Christian Meyer hat das Glück, dass er das jetzt fortführen darf", sagte Kastner. Eine wohlgesetzte Spitze: Meyer, derzeit Wohnbau-Chef, will Kastners Nach-Nachfolger als Oberbürgermeister werden. Für die CSU.

Die war durch Meyer, Kreisvorsitzenden René Bold sowie die Stadtratsfraktionsmitglieder Maximilian Forkel (Junge Coburger), Barbara Kammerscheid und Frank Völker vertreten. Er habe Verständnis, wenn viele Mitglieder der CSU/JC-Fraktion "wegen vorweihnachtlicher Termine verhindert seien", sagte Kastner und vermied sorgsam jeden ironischen Unterton. Gekichert wurde an dieser Stelle trotzdem - es ist ein offenes Geheimnis, dass viele Mitglieder der CSU/JC-Fraktion nicht an der Abstimmung teilgenommen hatten, als es in der Juli-Sitzung des Stadtrats um die Ehrenbürgerwürde für Kastner ging. "Ich fand es ein positives Signal, dass sie nicht dagegen stimmten - vielleicht hat das was mit Altersmilde zu tun", kommentierte Kastner, und das klang nun schon deutlich ironischer. "Ich finde es schön, dass die, die da sind, sich mit mir freuen."

Dass er es aus einfachen Verhältnissen bis zum Oberbürgermeister brachte, sei auch seinen Eltern zu verdanken, die alles dafür taten, dass ihre vier Kinder vorankamen, sagte Kastner und kämpfte hörbar mit einem Kloß im Hals: "Leider können sie nicht dabei sein." Kastners Mutter ist tot, sein Vater im Krankenhaus.

Die Ehrenbürgerwürde erfülle ihn mit Freude und Stolz, aber auch mit Demut und Dankbarkeit, sagte Kastner. Die Auszeichnung werde nur wenigen zuteil, und sie sei vielen Weggefährten zu verdanken, "die mich gestützt und unterstützt, gefordert und gefördert haben". Denn vieles von dem, was in Kastners Amtszeit gelang, ging auf die Initiative anderer zurück - auch auf die von Norbert Tessmer, wie Kastner hervorhob. Die früheren Stadtratskollegen schloss er ebenfalls in den Dank ein: Letztlich seien es ihre Entscheidungen gewesen, die Coburg geprägt hätten - auch wenn er, Kastner, oft derjenige gewesen sei, der diese Entscheidungen betrieben habe. Seinem Nachfolger Norbert Tessmer, der bei der Wahl 2020 nicht mehr antritt, wünschte Kastner einen angenehmen Ruhestand, "auch wenn du zu denen gehörst, die nicht wissen, wie man Ruhestand schreibt."

Im Rathaussaal befanden sich einige, die Tessmers Nachfolger werden wollen: Neben Christian Meyer der SPD-Kandidat Dominik Sauerteig, Christian Müller (CSB), Martina Benzel-Weyh (Coburger Liste) und Thomas Apfel (WPC, noch nicht offiziell nominiert). Angesichts dessen gab sich Kastner betont diplomatisch: "Ich wünsche mir, Coburg auch nach dem 30. April noch in guten Händen zu wissen." Seinen Zuhörern blieb nur eins: stehend applaudieren.