Sie kamen nach Ebermannstadt
"Dann kamen wir nach Ebermannstadt, eine kleine katholische Stadt; Kruzifixe und Heiligenbilder findet man allenthalben hier, selbst an den Landstraßen im Überfluss. Die Leute im Bayreuthischen und der ganzen Gegend sind prächtig, wie ich denn überhaupt die Katholiken lieber leiden mag als meine frostigen Religionsverwandten. Sie haben noch weit mehr vom religiösen Enthusiasmus, sie sind alle sehr freundlich und höflich, sie gehen ganze Strecken mit, um einem den Weg zu weisen."
Blonde Frauenzimmer
Besonders die Frauen haben es ihm angetan. Über die Ebermannstadterinnen schrieb er: "In Ebermannstadt waren alle Leute sehr freundlich, besonders die Frauenzimmer, die im Katholischen fast alle blond sind, blaue Augen und einen gewissen schwärmerischen Madonnenblick haben."
Als die beiden Reisenden durchs immer enger werdende Wiesental Richtung Muggendorf reiten, beschreiben sie die Landschaft erstmals in den romantischsten Tönen. Ludwig Tieck: "Zu beiden Seiten hat man ziemlich hohe Berge, geradeaus ebenfalls Berge vor sich. Ich habe noch wenig so schöne Tage als diesen genossen; es ist eine Gegend, die zu tausend Schwärmereien einladet, etwas düster Melancholisches und dabei doch so überaus freundlich. Oh, die Natur ist doch an Schönheit unerschöpflich! Hier nur ist der wahre Genuss, eine schöne Gegend veredelt den Menschen, eine schlechte macht ihn kleinlaut und scheu, die erhabene stimmt ihn erhaben."
Heinrich Wackenroder, auch hier schüchtern und zurückhaltend beschreibt seine Gefühle sachlicher: "Um Streitberg ist eine der schönsten Gegenden, die wir auf der ganzen Reise gesehen haben. Das Dorf liegt am Eingang eines Tales, das sich in mäßiger Breite zwischen bewaldeten Felsen, aus denen aber viele nackte Blöcke und Pfeiler hervorragen, in manchen Krümmungen durchwindet. Durch das Tal schlängelt sich die Wiesent, von kleinen Büschen eingefasst und von frischen Wiesen umgeben. Der kleine Fluss ist merkwürdig, weil er die größesten und wohlschmeckendsten Forellen gibt, die man hier beständig haben kann. An dem äußersten Ende eines bewaldeten Berges, der ins Tal vorspringt, wo es eine Ecke bildet, türmen sich auf einer Grundlage von nackten Felsen die großen Ruinen der Burg Neideck mit einem hohen Turme pyramidalisch in die Höhe. Wir drängten uns durch die Felsenstücke und die dichte Waldung, die die Abhänge des Berges einnimmt, hinauf und bewunderten die großen Trümmer. Ich habe nicht größere und schönere Ruinen gesehen."
Einem alten Handelsweg folgend, ritten die beiden den Streitberger Berg hinauf. Die seit 20 Jahren berühmten Höhlen im Muggendorfer Gebürg links liegen lassend, erreichten sie bald Hollfeld. Darüber schreibt Tieck: "Wir kamen durch Hollfeld einem kleinen Bambergischen Städtchen, das äußerst schön liegt. Es ist etwas abenteuerlich gebaut."
Beeindruckt von Sanspareil
Besonders beeindruckt zeigte sich Tieck vom markgräflichen Felsengarten Sanspareil. Er berichtet darüber: "Es ist wirklich eine merkwürdige Erscheinung, daß hier in einem Walde eine Menge sehr großer Felsmassen ganz isoliert stehen, die von Natur Hütten und Grotten bilden. Ich habe noch wenig gesehen, was einen so abenteuerlichen Eindruck macht. Die großen Felspartien im Walde, das Große und Wilde, das dadurch in der Fantasie hervorgebracht wird, ein gewisser Tunnel, sind äußerst schön. Eine Partie, die mich doch ganz besonders bezauberte, war die Vulkanshöhle; Es ist ein ordentliches kleines Tal, rundum von Felsmassen eingeschlossen. Ein kleines Theater ist im Garten auch im Freien angelegt, auf dem sonst gespielt wird. Für die Nacht und diesen Mondschein gibt es vielleicht nichts Schöneres als diesen Garten; illuminiert müßte er völlig zum Bezaubern sein."
Eine fremde Welt
Und Wackenroder ergänzt: "Die Einbildung hat den romantischen Hain zum Aufenthalt des Telemach, zur Insel der Kalypso umgeschaffen. Daher findet man hier die Grotte der Kalypso, der Sibylle, des Vulkans, des Amors, den Tempel des Aolus. Diese Allegorie ließ ich mir gern gefallen; denn ich ward beim Anblick dieser sonderbaren Felsenbildungen in eine ganz fremde Welt gezaubert."
Wackenroder hielt sich im August noch einmal mit Prorektor Weisser in der Fränkischen Schweiz auf, um diesem seine "Fränkische" zu zeigen, ähnlich wie der Zeichner Ludwig Richter, der fast 40 Jahre später die Fränkische Schweiz auch zweimal besuchte und die Gegend mit seinen "romantischen Burgenlandschaften" in zahlreichen Bildern berühmt und weiter bekannt machte.