Anlässlich des gestrigen "Tag der offenen Moschee" gab es erstaunliche Erkenntnisse. Bamberger Muslime helfen muslimischen Flüchtlingen.
Marion Krüger-Hundrup
Es ist Freitagmittag. Nach und nach füllt sich die Moschee an der Coburger Straße zum Gebet. Männer jeglichen Alters. Hundert erst, dann hundertfünfzig und mehr. Dichtgedrängt hocken sie auf den Teppichen. Manche haben Gebetsschnüre in der Hand.
Imam Coskun Sirri Mert predigt in Türkisch. Die wenigsten verstehen ihn. Denn die meisten der anwesenden Muslime stammen aus anderssprachigen Ländern. Aus Albanien. Afghanistan. Syrien, dem Irak, Afrika. Flüchtlinge, die in Bamberg gestrandet sind und hierzulande eine neue Heimat suchen. Wenigstens eine für Herz und Seele.
Vor dem eigentlichen Freitagsgebet rezitiert der Imam am Ende seiner Hutba (Predigt) auf Arabisch die Sure Nahl aus dem Koran: "Siehe, Allah gebietet, Gerechtigkeit zu üben, Gutes zu tun und die Nahestehenden zu beschenken. Und er verbietet das Schändliche und Unrechte und Gewalttätige.
Er ermahnt euch, euch dies zu Herzen zu nehmen." Ernste Mienen, auch bei Mehmet Cetindere, dem Vorsitzenden des Türkisch-Islamischen Kulturvereins Bamberg, und bei Florim Gashi, dem Dolmetscher für Asylbewerber vor allem aus Balkanstaaten. "Politische Spannungen sind spürbar", sagt Cetindere. "Wir wollen weder Salafisten noch Rechte.""Ich bin froh, dass es diese Moschee gibt, in die jeder kommen kann - auch mit Rucksack", sagt Gashi. "Ich bin auch froh, dass wir in so einer friedlichen Stadt leben dürfen", fügt der gebürtige Kosovo-Albaner hinzu, der regelmäßig Flüchtlinge in die Moschee begleitet.
Beratung in allen Lebenslagen
Und damit dieser Frieden gewahrt werden kann, öffnet sich die türkische Gemeinde für Glaubensgefährten aus aller Welt: "Muslimische Seelsorge für Muslime" nennt Mehmet Cetindere diese Haltung, die weit mehr beinhaltet als eben die
Einladung zum Freitagsgebet. Mit sozialer Fürsorge lässt sich knapp ausdrücken, was Bamberger Muslime leisten: Beratung hinsichtlich Schulbesuch und Ausbildungs- beziehungsweise Arbeitsplatz, Lebensmittelhilfen, Jugendbetreuung, Sprachförderung - "und zwar in Deutsch als Voraussetzung für eine Integration!" betont Cetindere. So solle sogar die Predigt im Freitagsgebet bald auch in Deutsch gehalten werden, während die "Religionssprache Arabisch" der Koran-Rezitation vorbehalten bleibe.
Für Imam Coskun Sirri Mert, Mehmet Cetindere und die Angehörigen der türkisch-islamischen Gemeinde war denn auch der gestrige "Tag der offenen Moschee" eine willkommene Gelegenheit, weitere Brücken zu den Bambergern zu schlagen und Aufklärungsarbeit zu leisten.
Topaktuell lautete das Motto des bundesweit vom Koordinierungsrat der Muslime ausgerufenen Tages "Hidschra - Migration als Herausforderung und Chance".
Migration ist das Thema
Die "Hidschra" im Jahre 622 ist ein Wendepunkt in der Geschichte des Islams: Sie bezeichnet die Auswanderung des Propheten Muhammad und seiner Gefährten von Mekka nach Medina. "Dort wurden sie als Migranten freundlich und geschwisterlich aufgenommen", erzählt Cetindere.
Gastfreundschaft erlebten gestern nicht nur die Flüchtlinge aus aller Welt beim Freitagsgebet, sondern auch die Bamberger, die den "Tag der offenen Moschee" für ein Kennenlernen nutzten. Daniela Medina Isljami, Beauftragte der Gemeinde für den interreligiösen Dialog, erklärte die Ausstattungsobjekte der Moschee und beantwortete Fragen.
Und da waren die fleißigen Frauen Dürdane, Ayse, Esra, Fatma, die die Gäste mit Tee, Kuchen und pikantem Börek bewirteten. "Bamberg gefällt mir gut!" "Super Stadt!" bekundeten sie strahlend. Mehmet Cetindere drückte es so aus: "Wir haben zwei Heimaten. Bamberg ist die Heimat, in der wir leben. Die Türkei ist unser Herzensland ..."