Eine Geschichte von Depression, Lebensglück und einer Flasche Parfüm

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"Ich schäme mich zutiefst" und "ich habe meine Bewährung riskiert", waren nur zwei Statements, welche die Frau mit bebender Stimme vortrug. In einem drei Seiten langen Brief schilderte sie eindrucksvo...

"Ich schäme mich zutiefst" und "ich habe meine Bewährung riskiert", waren nur zwei Statements, welche die Frau mit bebender Stimme vortrug. In einem drei Seiten langen Brief schilderte sie eindrucksvoll ihre Gefühlslagen, ihr Verwirrung und die aus ihrem Verhalten entstehenden Probleme. Der Prozess um Betrug sollte ein Ende nehmen, von dem nur die Angeklagte weiß, welche Konsequenzen ihr außer dem Strafurteil noch erwachsen.

Die 30-Jährige aus dem Nordosten des Landkreises wirkte zunächst gefasst. Doch nachdem Staatsanwältin Anna Saam die Anklage verlesen hatte, griff die Frau zu einem dreiseitigen Manuskript und wirkte zunehmend aufgelöster. Was ihr vorgeworfen wurde, war ein Betrug. Es ging um einen Warenwert von 99,98 Euro, den sie zu zahlen nicht in der Lage war. Doch obwohl sie das wusste, bestellte die Frau das Parfüm. Das war vor dem 28. Dezember 2018 und liegt somit fast zwei Jahre zurück. Damals, so die junge Frau, habe ihr Leben eine Kehrtwende erfahren. Sei ihr Leben damals von Depressionen beherrscht gewesen, die sie schon zu ähnlichen Vorfällen verleitet hätten, so habe sie nach 2018 Lebensglück erfahren.

"Ich habe mich geändert und möchte mein Glück nicht gefährden. Ich bitte um ein mildes Urteil", flehte die Frau mit tränenerstickter Stimme. Sie berichtete auch von ihrer Fernbeziehung zu einem Mann, der ihr Kind wie ein eigenes annehme und nun über sie erfahren werde, welche Fehler sie vor Jahren gemacht habe bzw., dass sie diesen Fehler vor knapp zwei Jahren neuerlich beging. Ob das die Beziehung aushalten wird? Eine Frage, die sich die 30-Jährige selbst stellte.

In dem Verfahren, bei dem es keinen Rechtsanwalt und keine geladenen Zeugen gab, erkundigte sich Richterin Daniela Jensch nach dem Hintergrund für die Warenbestellung und erhielt zur Antwort, dass die Bestellung an sich nicht geplant gewesen sei. Mit einem lieben Menschen habe sie vorher die Vereinbarung getroffen, sich gegenseitig nichts zu schenken. Doch der schenkte dann doch etwas, weshalb sie sich in Zugzwang befindlich empfand. "Warum haben Sie denn nichts Günstigeres geschenkt?", warf die Staatsanwältin an dieser Stelle ein und verwies eben auf das Vorleben der Frau, in dem schon zwei Betrugsfälle auftauchten und derentwegen die Angeklagte auch zum Tatzeitpunkt noch unter Bewährung stand. Eben deshalb, weil die Frau vorbestraft und derzeit arbeitslos ist, ging Saam auch trotz gezeigter Reue nicht von einer günstigen Sozialprognose aus. "Man hätte sich auch Zeit schenken können", erklärte sie und forderte eine sechsmonatige Haftstrafe. "Die ist nicht mehr zur Bewährung auszusetzen", so die Anklägerin überdies. Der Bitte um ein mildes Urteil sollte Jensch nach Minuten der Urteilsfindung entsprechen. Zwei Monate auf Bewährung verhängte sie, wobei es eine dreijährige Bewährungszeit geben wird. Auch soll die Verurteilte zwei Jahre unter Aufsicht eines Bewährungshelfers bleiben und 30 gemeinnützige Arbeitsstunden ableisten. Doch was die junge Frau wirklich umzutreiben schien, war die Frage, wie sie die Sache ihrem dann enttäuschten Lebensgefährten beibringen soll und inwieweit ihr Glück einen Knacks oder Bruch erhalten wird.