Das Gelius Trio verzückte das Publikum mit seiner Reise "von Klassik bis Tango" im Banzer Kaisersaal.
Übersetzt man nonchalant mit ungekünstelt, ist man auf der richtigen Spur. Das Gelius Trio begeistert sein Publikum völlig ungekünstelt, jedoch kraftvoll in der Körpersprache und Mimik. So schafft es über den ganzen Abend eine Atmosphäre großer Spannung und Dichte mit herausragenden Interpretationen von Haydn, Babadschanjan, Smetana und Piazzolla. Am Sonntagabend im Kloster Banz einen sie die unterschiedlichen Stilrichtungen "von Klassik bis Tango" zu einem einzigen großartigen Werk.
Der Kaisersaal quillt über, das Konzert des Musiksommers Obermain ist ausverkauft. Von weit kommt das Publikum. Aus Bayreuth, Hof, Marktredwitz, aber auch aus dem Umland. Die meisten hören das Gelius Trio aus München zum ersten Mal und sitzen teils mit geöffnetem Mund und wacher Miene da ob der unglaublichen Klangwelten. "Was für ein grandioses Konzert", urteilt eine Dame aus Weidhausen.
Und der Mann aus der ersten Reihe aus Bad Steben, der zugibt mit klassischen Konzerten bisher nicht so viel am Hut gehabt zu haben, aber sich einfach mal überraschen lassen wollte, ist "völlig hingerissen vom Hörgenuss". Auch ein Laie kann erkennen, dass sich da vorne Großartiges abspielt.
Es ist die Leidenschaft, die Passion, das gegenseitige Hochpushen zu Höchstleistungen, die das Trio ausmacht. Sie schmunzeln sogar dabei, wenn sie über sich hinauswachsen und sich gegenseitig anstacheln. Da ist nichts Abgehobenes, weil sie in ihrer Musik und dem gegenseitigem Verstehen völlig aufgehen.
Aus Schleswig Holstein
Man möchte jeden Ton, jede Gestik einatmen im Kaisersaal, der für diese Darbietung genau das richtige Ambiente und den Raumklang bietet, wie auch Micaela Gelius, die Pianistin, bestätigt. Sie seien zum ersten Mal im Maintal und kämen gerade vom Schleswig-Holstein-Festival, aber es ist keinerlei Ermüdung zu spüren. Im Gegenteil - man weidet sich an ihrer Frische und Unverbrauchtheit und vor allen Dingen an ihrer fantasievollen Hingabe.
Schwelgen mag man beim Trio Nr. 39 in G-Dur von Haydn, erst lieblich und zart bis heiter und harmonisch in ein fulminantes freches fast frivoles Finale mündend. Ein zögerliches Klatschen bestätigt die Ergriffenheit des Publikums. Es traut sich nicht so recht und will vor allen Dingen nicht stören, weil es weiß, dass das Werk noch lange nicht vollendet ist.
Herausragend lässt Micaela Gelius ihren Flügel "singen" mit einem Thema voller Verzierungen voran sehr bestimmend, worauf Streten Krsics Geige mit einer noch schöneren Melodie in A-Dur antwortet. Das Violoncello von Michael Hell fügt sich zärtlich ein und ist doch nicht nur ein einzigartiges untermalendes Element.
Grandios präsentieren die Künstler das Klaviertrio fis-Moll des erst 1983 verstorbenen Komponisten Arno Babadschanjan, Auch hier wechseln sich ungestüme Passagen mit lyrisch anmutigen Momenten voller Melancholie in technisch perfekten Schattierungen und exakten Phrasierungen und werden zum brillanten Klangrausch. Eindrucksvoll reflektieren die Protagonisten im Trio g-Moll op. 15 von Friedrich Smetana, den schmerzlichen Verlust dessen kleiner Tochter, der das Werk auch gewidmet ist. Als Violinsolo eröffnet, klingt es in Noten übersetzt nach dem schmerzerfüllten Vater, der nach dem Warum schreit. Gelius begleitet zuerst akkordisch, bis sie im Fortissimo das Gegenthema aufgreift. Wohl als Erinnerung an das geliebte Kind stimmt das Cello wehmütig ein. Als würde die Tochter zum Vater sprechen, setzt Gelius als Hauptstimme das Thema um. In lebhaften Oktaven stellt sie das Mädchen beim Spielen dar. Gespenstisch und hymnisch zugleich das Finale, leise und laut im Wechsel die Seelenqualen und den Trauerzug nachzeichnend. Ergriffen klatscht das Publikum.
Am Anfang furchteinflößend "la muerte del Angel", dann wehmütig und melancholisch das "Oblivion" und fordernd heftig der "Libertango" des Argentiniers Astor Piazzolla: "Er seziert die charakteristischen Elemente des Tango und stellt sie in einem neuen Licht dar ... Jähe Zäsuren sowie deutliche Brüche stehen anstelle der Rubati des traditionellen Tangos und betonen das charakteristische Innehalten des Paares zwischen den Schrittfolgen."
"Frühling" als Zugabe
Die herausfordernden und lasziven Elemente der Kompositionen setzt das Trio raffiniert um. Das Cello gibt den Tangotakt vor und Krsic zieht die Saiten seiner Violine bis zur Schmerzgrenze. Ein Wow und verzückte Bravorufe bis hin zu stehenden Ovationen animieren das Trio zu einer letzten Zugabe: "Frühling" aus den vier Jahreszeiten von Piazzolla.