Der wirtschaftliche Aufschwung als Folge der industriellen Revolution führte in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem Erstarken des bürgerlichen Liber...
Der wirtschaftliche Aufschwung als Folge der industriellen Revolution führte in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem Erstarken des bürgerlichen Liberalismus in Deutschland. Unter diesem Eindruck war auch 1861 der bayerische Lehrerverein gegründet worden, der eine allgemeine Verbesserung der Lebenssituation der Lehrer herbeiführen und eine Lockerung der staatlichen Repressalien erwirken wollte. Fanden diese Bestrebungen im liberalen Bürgertum breite Zustimmung, so sprachen sich konservative Kreise extrem dagegen aus. Besonders die konservative Presse bombardierte die Lehrerschaft mit Beschimpfungen.
So behauptete das "Korrespondenzblatt für innere Mission" in Neuendettelsau 1865: "Seit man den Lehrern Wohnungen gibt, die sie nicht zu möbilieren vermögen; seit man ihnen Kreise anweist, in denen sie sich weder innerlich noch äußerlich zu bewegen verstehen, seitdem sind diese gespreizten Halbwisser zu Karikaturen geworden, die um so lächerlicher werden, je mehr sie sich über das Lächeln anderer erbosen." Das "Augsburger Wochenblatt für den christlichen Verein" wies auf die naturgemäß niedere und beschränkte Berufstätigkeit der Lehrer hin und glaubte, sie durch Weber, Hirten oder Schneider ersetzen zu können.
Die "Pfälzer Post" schrieb 1879: "So ein liberales Schulmeisterlein ist mitunter gar ungeheuer naseweis und frech und glaubt, weiß der Himmel welch großer Gelehrter zu sein, wenn er vor den Schulkindern das kirchliche Dogma für Dummheit erklärt, über die Jesuiten schimpft, den Bismarck verhimmelt oder gar die Bibel korrigiert."
Heftige Attacken
Das 1866 gegründete "Vereinsblatt des Lehrervereins" bzw. die "Bayerische Lehrer-Zeitung. Organ des bayerischen Volksschullehrer-Vereines" (ab 1867) geriet mit den Kernthemen Bildung, Besoldung, Aufsicht und Freiheit in den Fokus der konservativ-reaktionären Presse und wurde, vor allem in den Jahren von 1880 bis 1900, das Ziel heftiger Attacken.
Erst mit dem Einzug der Demokratie in Deutschland im Jahr 1919, der Aufhebung der geistlichen Schulaufsicht und der Anerkennung der Lehrer als reguläre Beamte mit entsprechender Besoldung begannen für die Lehrerschaft in Bayern und auch in den anderen Ländern Deutschlands bessere Zeiten.
Bleibt anzumerken, dass, unabhängig von den Attacken konservativ-ultramontaner Gruppierungen gegen den Lehrerstand, im 19. Jahrhundert viele Lehrer in ihrem Wirkungskreis hohes Ansehen genossen und mit den verschiedensten Ehrungen ausgezeichnet wurden. Vor allem auf dem Land waren Lehrer oft auch Impulsgeber für die wirtschaftliche und kulturelle Weiterentwicklung der Dörfer.
Mit sechs Themenkreisen und in Verbindung mit Exponaten in der Ausstellung des Museums in der Sendelbacherstraße ermöglicht die Sonderausstellung vielseitige Einblicke in die damalige Lebenswelt der Lehrer. Öffnungszeiten: Mittwoch-Sonntag und an allen gesetzlichen Feiertagen 14 bis 16 Uhr, Gruppen auch nach Vereinbarung.
red