Die Familie Savchenko ist 2014 aus der Ukraine vor Folter und Gefängnis nach Deutschland geflohen. Nun soll sie zurückgeschickt werden. Dagegen wehren sich in Bad Rodach die Feuerwehr und der Integrationsbeauftragte.
Die 16-jährige Veronika Savchenko spricht gut deutsch. Deshalb muss sie ab und an übersetzen, wenn ihrem Vater die Worte fehlen, um zu erzählen, was der Familie aus dem zentralukrainischen Krementschuk in den zurückliegenden Jahren widerfahren ist. Doch als Anatolii Savchenko schildert, wie ihn 2014 Männer, die er als Söldner bezeichnet, in seiner Wohnung brutal zusammengeschlagen haben, versagt Veronika die Stimme. Sie fängt an zu zittern und zu weinen.
Seit sie und ihr heute zehnjähriger Bruder Olexandr die Misshandlung des Vaters miterleben mussten, leidet Veronika an einem posttraumatischen Belastungssyndrom. So stark, dass sie in den Kitzberg-Kliniken in Bad Mergentheim behandelt werden muss.
Doch all das spielt offenbar keine Rolle. Auch nicht, dass sich die Savchenkos, die seit Sommer 2014 in Bad Rodach leben, bestens integriert haben. Ihnen droht jetzt die Abschiebung und das bringt die Kameraden der Feuerwehr - Veronika und Anatolii sind Mitglieder und Olexandr will es werden, sobald er alt genug ist - auf die Palme. Sie wollen, dass die Familie bleibt. Deshalb hat jetzt der Integrationsbeauftragte von Bad Rodach und ebenfalls Feuerwehrmann, Rainer Möbus, einen Brief an das Landeskirchenamt geschrieben und darum gebeten, den Fall Savchenko bei der Härtefallkommission vorzutragen. Denn als Härtefall sieht er die drohende Abschiebung.
Alles hat damit begonnen, dass Anatolii Savchenko sich zusammen mit seiner Frau in einer Menschenrechtsorganisation engagierte. "Ich verstehe nicht viel von Politik. Uns ging es nur darum, dass die Menschen, also Russen und Ukrainer, nicht aufeinander schießen, sich nicht umbringen", erzählt er. Seine Ansichten hat er auch im Internet, unter anderem auf Facebook, geäußert.
Eingesperrt und gefoltert
Das wurde ihm zum Verhängnis. Nach dem Überfall durch die Bewaffneten, die keine Uniform trugen, wie er erläutert, wurde Anatolii Savchenko für drei Tage ohne Anklage eingesperrt und gefoltert. "Sie haben mir die Knochen gebrochen und mich unter Strom gesetzt."
Nachdem er wieder auf freiem Fuß war, gab es für den Familienvater nur noch den einen Gedanken: Er musste mit seiner Frau Olga und den Kindern fliehen. Denn seine Freilassung sei nur vorübergehend gewesen, bis ein Gerichtsbeschluss vorliegt.
In einer Art Container auf der Ladefläche eines Lkws flohen die Savchenkos nach Deutschland. Drei Tage waren sie unterwegs. "Wir hatten Schlaftabletten genommen, damit wir nichts mitbekommen und die Zeit einfach verschlafen." Sie kamen bis Brandenburg. Von dort aus nahmen sie Kontakt zu einer Tante von Olga Savchenko auf, die in Berlin lebt. Die holte sie zunächst zu sich, besorgte gleich einen Anwalt und half bei den Formalitäten in der zentralen Ausländerbehörde.