Die Michelauer Schelmerei

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Vor einigen Tagen, ich war zu Gast bei einem befreundeten Ehepaar in Michelau, erzählten mir meine Gastgeber die Geschichte einer ziemlich üblen Schelmerei. Eine Sauerei, perfide und gemein. Mit einem...

Vor einigen Tagen, ich war zu Gast bei einem befreundeten Ehepaar in Michelau, erzählten mir meine Gastgeber die Geschichte einer ziemlich üblen Schelmerei. Eine Sauerei, perfide und gemein. Mit einem Wort: grandios.

Es ist schon viele Jahre her, da habe ein Wirt so in, bei oder um Michelau Kartenspieler beheimatet. Leidenschaftliche Kartenspieler, begnadete Zecher und alles in allem ein ziemlich unerzogener Haufen. Jungs halt. Der Wirt soll auch nicht ohne gewesen sein, einer von denen, die sich auch mal dann und wann einen genehmigen. Spirituell eben.

Das machten sich die Schelme nutzbar und ersonnen einen üblen Plan. Dann, wenn der Wirt mal wieder spirituell geworden sein sollte, würde er ja ganz sicher das tun, was er in diesen Fällen immer tut: einschlafen. Und wenn er dann aufwacht, dann soll er nichts Böses mehr sehen, keinen Streit und keinen Zwist, ihm soll aufgehen, dass er von Freunden umgeben ist, dass sie bei ihm sind. Ihm soll eine Welt gezeigt werden, wie sie in seinen schönsten Träumen nie auftauchte.

Die Jungs karteten und tranken also, tranken und karteten, man hielt die Punktestände fest, mischte, teilte aus und gab immer wieder neue Bestellungen auf. Es war ein rundum schöner Sommerwochenendnachmittag, die Zwitscher vögelten und asteten von Hüpf zu Hüpf, wie ein Michelauer mal sagte. Die Sonne schien und es war nicht zu heiß und unangenehm in der Wirtsstube. Nur von diesem Sommernachmittag habe der Wirt irgendwann weniger mitbekommen, weil ihn ein Getränk ermattete, ein zweites ermüdete und ein drittes oder fünftes einschlafen ließ.

Phase 1 des Plans war also erreicht. Einer der Kartenspieler sei nun wie verabredet ans Rollo geschlichen und habe langsam, sachte und leise die Jalousie nach unten gelassen. Es wurde dunkler, dunkler und dunkel. Schwarz. Jetzt karteten die Jungs lauter, sie trumpften auf, sie schlugen die Karten auf den Tisch, sie riefen und johlten und rissen Zoten. Sätze wie "Der Stich gehört mir, her die Schellen-Sau" fielen und die Jungs übertrafen sich gegenseitig darin, die Karten samt Händen auf den Tisch zu knallen. Na, und endlich wachte der Wirt auf und sah ... nichts. Um ihn herum aber hörte er seine Jungs karteln, auftrumpfen, nach dem Wirt rufen und bestellen. "Oh Gott, ich bin blind!", schrie der Wirt panisch auf. Das war Phase 2.

Dann ging die Jalousie langsam wieder nach oben und dem Wirt ein Licht auf. Wie ich hörte, sei Phase 3 von allgemeinem Gelächter gekennzeichnet gewesen.