Im Oktober 1945 berichtete die Ebermannstädter Militärregierung, dass hier "die Leute einfach nicht an Politik interessiert" seien. Deswegen war es schwer, in dieser "Übergangsphase" Personal für die ...
Im Oktober 1945 berichtete die Ebermannstädter Militärregierung, dass hier "die Leute einfach nicht an Politik interessiert" seien.
Deswegen war es schwer, in dieser "Übergangsphase" Personal für die Gründung von Parteien zu finden. "Alle Anstrengungen, politische Parteien aufzubauen", meldete im Oktober 1945 die Militärregierung in Ebermannstadt, "sind auf extreme Teilnahmslosigkeit gestoßen". Die Bevölkerung, heißt es im "Annual Historical Report" vom Juni 1946, sei mehr am Wohlergehen ihres Viehs interessiert, an einem Krug Bier oder einer Funktion in der Kirche. Es sei eine ärmliche, kleinbäuerliche Bevölkerung ohne fundierte Schulbildung, die mit ihrem Los aber zufrieden sei und in einer bezaubernden Landschaft in Übereinstimmung mit ihrer Religion lebe.
Als kommissarischen Bürgermeister setzten die Amerikaner den ein, der ihnen die Stadt kampflos übergeben hatte: Konrad Götz (1889-1946). Der Kaufmann und Landwirt war bis dahin politisch nicht tätig gewesen, stand aber der ehemaligen Bayerischen Volkspartei nahe. Kurz vor der ersten Kommunalwahl initiierte er Anfang Januar 1946 die Gründung der CSU auf Orts- und Kreisebene und wurde deren erster Vorsitzender.
In Forchheim ging der Impuls zur Gründung der CSU von Georg Wetzel und zwei seiner Kollegen vom Landratsamt aus. Alle drei kamen nach seiner Aussage "von der früheren Bayerischen Volkspartei". Ihnen gelang es, nicht nur den von den Amerikanern eingesetzten kommissarischen Landrat Dr. jur. Karl Schoenbach für die neue Partei zu gewinnen, sondern - wie Jutta Beyer in ihrer Arbeit immer wieder betont - im "stark vom katholischen Milieu geprägten Forchheim" bürgerlich-konservative Kräfte zu sammeln.
Kirche als Wahlhelfer
"Die führenden Kirchenmänner", schreibt Beyer, "in Forchheim Prälat Sextl, traten offen als Wahlhelfer für die CSU ein" und das bisweilen auch sehr scharf von der Kanzel herab. In einem Kommentar kritisierte 1946 sogar die Lokalzeitung den "aggressiven Ton" einer Sonntagspredigt und die "Schimpftiraden über die ,Roten'". Trotz des vorherrschenden "christlich-bürgerlichen Milieus" fehlte es der CSU an einheimischem Führungspersonal. Ihre beiden maßgeblichen Repräsentanten, Landrat Karl Schoenbach, ein gebürtiger Berliner, und Spruchkammervorsitzender Hans Fernbach, waren erst 1945 von auswärts nach Forchheim gekommen und benötigten deswegen für die Teilnahme an der ersten Kommunalwahl eine Ausnahmegenehmigung der Militärregierung.
Im Gegensatz dazu konnte die Forchheimer SPD auf altbekannte Kräfte zurückgreifen. Der von den Amerikanern kommissarisch eingesetzte Bürgermeister Fritz Ruckdeschel, Ortskrankenkassenangestellter, Kriegsversehrter des Ersten Weltkriegs, nach 1919 wiederholt in den Stadtrat gewählt und 1933 kurzzeitig in Schutzhaft genommen, versuchte nicht nur nach Aussage seiner politischen Gegner, wie Jutta Beyer schreibt, "aus dem ,schwarzen Forchheim' eine ,rote Stadt' zu machen".
Noch schwieriger hatte es die SPD im Landkreis Ebermannstadt, in dem knapp 80 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig waren und in dem sie vor 1945 keinerlei organisatorische Basis hatte. Hier gründeten der am Landratsamt angestellte Erich Heil und der von Nürnberg nach Gasseldorf umgezogene Schneidermeister Nikolaus Friedrich Mitte November 1945 in Hollfeld den "SPD-Unterbezirk Ebermannstadt" und gleichzeitig auch einen "Ortsverein Hollfeld". Es war die erste Parteigründung im Landkreis. Rückenwind erhielten sie von dem am 1. Dezember 1945 zum Landrat ernannten Alfred Freiherr von Andrian-Werburg. Im Kreis-Amtsblatt bekannte er sich als SPD-Mitglied, ohne für die Partei aktiv zu werden. Die ersten Gemeindewahlen im Januar und dann die Kreistagswahl im April 1946 beendeten die kommissarischen Amtseinsetzungen der Amerikaner.