Die Gefühle hinter den Masken

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Szene aus dem Musical "Bare" mit den Darstellern der Künstlerwerkstatt Foto: p
Szene aus dem Musical "Bare" mit den Darstellern der Künstlerwerkstatt Foto: p

Die deutsche Ersaufführung des Musicals "Bare" der Künstlerwerkstatt Stegaurach heimste viel Beifall ein.

Die Künstlerwerkstatt e.V. aus Stegaurach hat ein neues Musical auf die Bühne gebracht. Dabei trifft "neu" ins Schwarze, denn es handelte sich um die Deutschlandpremiere des Musicals "Bare". Es spielt an einer High School und dreht sich thematisch um viele Aspekte der Jugend: Neugier, Ausgrenzung, Rivalität, Freundschaft, Einsamkeit, Verwirrung, Liebe und Schmerz. Themen, die Erinnerungen hervorrufen, Gefühle auslösen und den meisten vertraut sind.

In dem Stück wird das Publikum sofort von der Handlung eingesogen. Die anfangs gelöste und leichte Stimmung der fröhlichen Jugendlichen nimmt den Zuschauer an die Hand. Fast scheint es, als wäre man seit Jahren mit den Charakteren befreundet. Sie strahlen, sie leben, sie lieben. Gewissermaßen sind es Stereotypen, die jeder aus seiner eigenen Schulzeit kennt.

Nach und nach lassen die Figuren jedoch eben die Masken fallen und erlauben dem Zuschauer einen tiefen Blick in ihre komplexen Gefühlswelten und ihr wahres Ich. Die Darsteller ziehen das Publikum in ihren Bann und lassen es bis zum letzten Wort und Ton nicht mehr los. Dank der intensiven Rollenarbeit (Laura Waldmann) wird jede Figur zu einem unaustauschbaren Puzzleteil für das Gesamtkunstwerk. Genauso wie die gesamte Handlung sind auch die verschiedenen Charaktere mit viel Liebe zum Detail inszeniert worden (Georg Graefe, Sabine Leicht, Lisa Stößel und Ursula Zweier). Von der Streberin, über die Partykanone bis hin zur Coolen: Alle Schülertypen sind an der St. Cecilia Senior High School vertreten.

Emotionale Höhepunkte

Nadia, Peter, Jason, Matt und Ivy sind in ihrem Abschlussjahr und in der Clique, um die sich alles dreht. Während der hübsche und ehrgeizige Matt (Martin Kaufmann) die ewige zweite Geige spielen muss, durchlebt seine Angebetete Ivy (Pia Kaufmann) während ihrer Beziehung zum Schönling der Schule eine Achterbahn der Gefühle. Sie weiß nicht, dass dessen Herz insgeheim nur für Peter (Marcus Grau) schlägt. Jason (Georg Graefe) befindet sich im Zwiespalt zwischen seiner Liebe zu Peter und dem gesellschaftlichen Druck, sein Glück doch mit einer Frau zu finden und leidet sehr darunter. Zum Glück gibt es noch seine Zwillingsschwester Nadia (Katharina Stamp), die ihm beisteht und für die notwendigen, teilweise derben und sarkastischen Lachpausen zwischen den emotionalen Höhepunkten sorgt.

Mit ihren Sorgen können die Schüler - neben Gott - jederzeit auch zum Priester und Schulleiter (Philipp Spittel) kommen. Jedoch ist die wahre gute Seele der Schule Schwester Chantelle (Cristina Szlopp), die mit Strenge und Warmherzigkeit ihre Schüler auf den richtigen Pfad führt.

Intensives Spiel

Das intensive Zusammenspiel der Laiendarsteller ist ein Meisterwerk. Alle Schauspieler glänzen in ihren Rollen, singen sich mal stimmgewaltig, mal ganz zart und zerbrechlich ihre Seelen aus dem Leib (Chorleitung: Katharina Stamp). Ebenso ist Leidenschaft durch das Tanzen der perfekt einstudierten Choreographien (Daniela Burkhardt) erkennbar. Die musikalische Begleitung und Unterstützung (Bandleitung: Markus Haberkorn) perfektioniert die Inszenierung. Lediglich der Ton zeigte Startschwierigkeiten durch einige Mikrofonausfälle, jedoch überlagern die Emotionen und das Schauspiel dies letzten Endes. Es ist eben eine Produktion eines Vereins, bestehend aus Hobby-Künstlern.

Das melancholische Finale erlaubte zunächst kein Klatschen. Schließlich bewies der tosende Applaus des Publikums und die stehenden Ovationen am Ende der Premiere, dass das intensive Spiel der Künstlerwerkstatt die knapp 180 Zuschauer berührte und begeisterte, auch wenn so manch einer mit Denkanstößen entlassen wurde. phs