Das ist die "Königsdisziplin", verkündete Renate Ortloff beim Näh-Auftakt nach den Osterferien den Trachtennäherinnen in der letzten Woche. Jetzt geht's ans...
Das ist die "Königsdisziplin", verkündete Renate Ortloff beim Näh-Auftakt nach den Osterferien den Trachtennäherinnen in der letzten Woche. Jetzt geht's ans Mieder. Eine Handvoll aufgerollten Stoff hat Maßschneiderin Anni Ernst jeder Frau übergeben - die zugeschnittenen Miederteile, die später einmal formgebend und schmuck den Oberkörper umhüllen sollen.
Bis dahin ist es ein weiter Weg. Aus einem anderen Stück Stoff nach diesen Stoffstücken jeweils das Futter und die Verstärkung zuschneiden, das geht ja noch. Viseline aufbügeln - auch okay. Aber dann...
Weil: Brust ist nicht gleich Brust, und das Mieder - wir lernen wieder etwas dazu - sollte ja früher die Massen bändigen ("dass ned so schlabbert", merkte eine Frau treffend an). Bedeutet?
Dass Nädelchen für Nädelchen acht Nähte vorne und hinten am lebenden Modell gesteckt und das Kleidungsstück somit tatsächlich
maßgeschneidert auf den Leib kommt. Nur: Wie kriegt man die Linie, nach der frau nähen soll, denn nun auf den Stoff? Noch komplizierter - wie, um Gotteswillen, näht man eine Beule in den Stoff? Vom Zweidimensionalen ins Dreidimensionale, das fordert Geschick in den Fingern und vorsichtiges Setzen der Stiche. Denn eine Falte hat sich da schnell gebildet. Momentan ist sie beim Futter ja noch unsichtbar. Aber wie soll das im Ernstfall auf der "Schauseite" werden? Angestrengte Stille herrscht unter den zwölf Frauen im Raum, das Bügeleisen dampft.
Inzwischen gibt es eine "Deadline": Am 10. Juni wird die Haßberge-Tracht in Oberschwappach vorgestellt. Allmählich macht sich Hektik breit: Die einen wollen sich ein Jäckchen dazu nähen, die anderen das Mieder besticken, die nächsten fertigen sich Posamentenknöpfe an. Und ich? Will weiße Strümpfe stricken!