Markus Häggberg Georgs Mutter geht es schlecht. Sehr schlecht. Sagt sie. Sie wird sterben. So vermutet sie. Ein Gefühl habe sie, erklärte die ältere Dame, wonach es bald ein Ende m...
Markus Häggberg
Georgs Mutter geht es schlecht. Sehr schlecht. Sagt sie. Sie wird sterben. So vermutet sie. Ein Gefühl habe sie, erklärte die ältere Dame, wonach es bald ein Ende mit ihr nähme. Und auf ihre Gefühle könne sie sich schließlich verlassen, so die zweifach geschiedene Frau, die nun ihren Georg allabendlich anrief, um ihm häppchenweise aufzutragen, wie die Welt nach ihrem Ableben weiterlaufen könnte.
Georg hatte derlei schon öfter erlebt und gehört, aber gestorben ist seine Mutter nie. Nun aber war sie sich sicher. Zwar habe sie nicht direkt Schmerzen, aber eben so ein Gefühl. Zuerst versuchte Georg, seine Mutter zu beruhigen, aber die Dame war aufgelöst und das beunruhigte nun auch Georg.
Allerlei Untersuchungen ergaben nichts, dann aber schlug der Arzt vor, ein EKG zu machen.
"Siehst du, auch der Arzt sagt, da stimmt was nicht", so Georgs Mutter mit einer Mischung aus Resignation und Triumph.
Dann war es so weit, der EKG-Termin war gekommen. Unter Belastung sollte das Herz geprüft werden, und so strampelte die Dame auf dem Fahrrad und als sie die Diagnose erfuhr, trug diese nicht zur besseren Laune bei. Vor allem darum, weil zwar die Herzschläge so weit und altersgemäß in Ordnung waren, aber ihr Gefühl eben nicht. So bedurfte es nun also eines Langzeit-EKGs, bei dem endlich alles aufgeklärt würde: das Herz, der Puls, das Gefühl. Nach 24 Stunden dann das Ergebnis. Es war niederschmetternd für die alte Dame. Sie konnte ihre Zerknirschung nun gar nicht mehr verbergen. Aufgelöst rief sie ihren Sohn an, und so wie jetzt hatte Georg seine Mutter noch nie erlebt. Sie schluchzte. Und sprach: "Stell' dir vor, bei mir ist es ganz schlimm. Die haben noch nix finden können, so heimtückisch ist meine Krankheit."