Wirtschaft Freizeit, Familie und Beruf sollen vereinbar sein. Das fordern nicht nur gut ausgebildete Frauen. Was das für Unternehmen und Führungskräfte bedeutet, wurde bei einer Veranstaltung der Wirtschaftsregion Bamberg-Forchheim klar.
von unserem Mitarbeiter Franz Galster
Obertrubach — Führung im Wandel - unter diesem Motto stand eine Veranstaltung von "WiR. Unternehmen Familie". Ziel dieses Netzwerks der Wirtschaftsregion Bamberg-Forchheim ist die Förderung einer guten Work-Life-Balance. Dazu arbeiten Akteure aus Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Gesellschaft aktiv zusammen. Arbeitgebern bietet sich so ein Forum, neue Einsichten in das umfassende Thema Familie und Beruf zu gewinnen, sich auszutauschen und voneinander anhand von Best-Practice-Beispielen zu lernen.
Themen der neuen Arbeitswelt
Die Referentin des Abends, Isabelle Kürschner, beleuchtete das Hauptthema "Führung durch Wandel" eingehend. Als Auditorin für Beruf und Familie begleitet sie Unternehmen, die sich eine familien- und lebensphasenbewusste Führung auf die Fahnen schreiben.
Als Autorin und Bloggerin berichtet sie über das Erlebte - immer mit dem Ziel, noch mehr Unternehmen, Führungskräfte und Personalverantwortliche für die Themen der neuen Arbeitswelt zu begeistern. Darum geht es auch in ihrem neuen Buch "New Work".
Es macht nachdenklich zu hören, dass 58 Prozent der Beschäftigten ihren Chef als demotivierend beschreiben, nur 35 als motivierend und 15 ein neutrales Verhalten empfinden. Davon könne man die enormen qualitativen Unterschiede im Arbeitsergebnis, in der Fluktuation oder den Fehlzeiten ableiten: 2003 wollten noch 33 Prozent der Akademiker Führungsaufgaben, heute sind es zehn Prozent weniger. Bei Frauen sind es 18 Prozent, fünf Punkte geringer als vor zwölf Jahren. Die Machtspiele schrecken 51 Prozent ab, beachtliche 46 Prozent möchten mehr Zeit für Familie und Privatleben haben.
Ungleichheiten zeigen zudem die Arbeitswelt von Frauen und Männern: 81 Prozent der Männer sind erwerbstätig gegenüber 71 Prozent der Frauen. Elternzeit nehmen nur sechs Prozent der Männer gegenüber 69 Prozent der Frauen. Die Führung in mittelständischen Unternehmen setzt sich aus 80 Prozent Männern und 20 Prozent Frauen zusammen, bei den Top 200 sind 95 Prozent Männer.
Schließlich stellte Kürschner die Frage, Vereinbarkeit von Familie und Beruf eigentlich bedeute. "Es zählen dazu die betriebliche Kinderbetreuung, der erleichterte Wiedereinstieg in den Beruf, flexible Arbeitszeiten und Home-Office-Möglichkeiten", erläuterte sie. Familienfreundlichkeit ist offensichtlich kein Frauenthema.
Nach den Ausführungen der Referentin würden 20 Prozent der Männer gerne in Teilzeit arbeiten, 68 Prozent empfinden ihr Unternehmen nicht oder nur teilweise als väterfreundlich, 85 Prozent halten familienbewusste Maßnahmen sehr auf Frauen ausgerichtet, 41 Prozent gehen davon aus, dass sich zum Beispiel eine Auszeit für Kinder negativ auf die Karriere auswirkt.
Konstruktive Podiumsdiskussion
An Kürschners Vortrag schloss sich eine Podiumsdiskussion mit Führungskräften aus der Region an.
Brigitte Glos (Agentur für Arbeit Bamberg-Forchheim) berichtete von der Einrichtung eines Kinderzimmers für berufstätige Eltern. Das Unternehmen will damit ein Zeichen setzen.
"Es vermittelt den Eindruck, dass ich im Notfall mein Kind mit auf die Arbeit bringen kann."
Die Führung kann nicht alles wissen, sagte Daniela Singer, Geschäftsführerin und Inhaberin von Schmetterling Reisen und Gastgeberin des Abends. Sie müsse aber erkennen, wenn ein Mitarbeiter Hilfe brauche. Dabei berichtete sie vom Überfall auf einen ihrer Fahrer, der psychologischen Beistand erforderlich machte. Für sie sei es wichtig, den Mitarbeiter mental dort abzuholen, wo er sei. Dort müsse auch der entsprechenden Führungsstil ansetzen. Jeder habe einen anderen Background, man müsse die Kultur des Mitarbeiters kennen und die familiären Verhältnisse einbeziehen. Sich zurücknehmen, als Vorbild aber auch authentisch sein sei wichtig. Klar sei auch, dass nicht jeder Mitarbeiter zu einem Unternehmen passé, auch so etwas müsse erkannt werden.
Die Mischung macht's
Früher machte man gute Fachkräfte zur Führungskraft, berichtete Gernot Becker (Firma Insiana). "Heute legt man viel mehr Wert darauf, welche Stärken und Potenziale für eine Führungskraft ausbaufähig sind." Insgesamt, und das klang auch beim Vortrag von Isabell Kürschner immer wieder durch, mache es die Mischung: Zwischen Frauen und Männern, Jungen und Alten, Voll- und Teilzeitkräften. "So ergänzen sich Kompetenzen, was viel Potenzial beinhaltet."