Sie eilen zu schlimmen Unfällen, treffen dort schwere Entscheidungen und werden zunehmend von Mitmenschen attackiert: Rettungskräfte sind besonders gefordert und brauchen viel Mut und Courage, um Leben zu retten.
Die ersten Rettungskräfte eilen zu einem schweren Verkehrsunfall mit mehreren Verletzten. Überall liegen Fahrzeugtrümmer auf der zum Teil blutverschmierten Straße, es riecht nach Benzin, Hilfeschreie sind zu hören - selbst für erfahrene Einsatzkräfte keine einfache Situation.
"Man kann sich nicht zerteilen, man muss sich entscheiden. Der, der am meisten Überlebenschancen hat, wird zuerst versorgt", erklärt Klaus Knauer, Notfallsanitäter beim Rettungsdienst Forchheim. "Das ist natürlich sehr schwer, weil man immer die Bestrebung hat, jedem zu helfen", sagt BRK-Chefärztin Elisabeth Dewald. Aber in einer solchen Situation müsse man sich vom Einzelschicksal distanzieren, "da muss man den Weitblick haben, auch rausgehen, beurteilen und handeln", so Knauer. Beide haben schon solche schweren Entscheidungen treffen müssen. Keine Aufgabe, die man gerne macht, und die viel Mut kostet.
Über Erlebtes reden stärkt
"Das Ausmaß ist einem am Anfang der Karriere gar nicht so bewusst. Aber man wächst hinein", sagt Knauer. Er hat in seinen 22 Jahren beim Rettungsdienst viel erlebt und gesehen. "Wenn man einen Unfall mit Kindern hat und selbst Vater ist, da macht man sich schon Gedanken", sagt der 57-Jährige. "Aber ich trage nichts nach Hause, ich rede nach dem Einsatz mit meinen Kollegen darüber. Reinfressen geht nicht."
Für Dewald, die seit acht Jahren leitende Notfallärztin am Klinikum Forchheim ist, ist es immer besonders schlimm, wenn junge Menschen verletzt sind oder jede Hilfe zu spät kommt. "Es gibt schon Dinge, die mich länger beschäftigen. Es ist wichtig, belastende Situationen im Team aufzuarbeiten." Dafür gibt es neben einem Hilfsteam auch einen Seelsorger im Klinikum.
"Trotz allem hat man die Bilder im Kopf, die bekommt man nicht raus", weiß der Notfallsanitäter. Dewald stimmt zu: "Das sind manchmal auch Geräusche, die man hört oder Gerüche, die an belastende Situationen erinnern." Doch solche Situationen zu meiden, das würde nicht helfen. "Im Gegenteil, man muss gleich wieder raus", sagt die 51-Jährige.
"Das könnte ich ja nicht machen", hören die beiden sehr oft. Als besonders mutig würden sie sich aber nicht beschreiben. "Das ist schwierig zu erklären, für uns ist es das tägliche Leben", sagt Knauer. Das liege einem in den Genen, dafür müsse man geboren sein. "Ich möchte nicht sagen, dass es ein Helfersyndrom ist, sondern eher unsere Berufung." Das sieht die BRK-Chefärztin genauso: "Es ist wichtig, dass man den Beruf mit Herz macht, ernst nimmt und versucht, immer das Beste zu geben." Den Job halbherzig machen, würde nicht funktionieren, "dazu muss man wirklich berufen sein".
Und eben diese Berufung, so Knauer, bringe auch Situationen mit sich, die besonders viel Mut und Courage erfordern. Nämlich dann, "wenn wir nicht wissen, was uns erwartet oder wenn man selbst bedroht ist". Da geht es nicht nur um die Eigensicherung, sondern die Sanitäter müssen auch Verantwortung für die Kollegen tragen. Zum Beispiel, wenn die Einsatzkräfte zu einem Gewaltverbrechen gerufen werden und es unklar ist, wo sich der Täter befindet "oder bei Unfällen mit auslaufendem Gefahrengut", sagt Dewald.