Bilder sprechen das Gefühl an

2 Min
Bereits bei der Eröffnung der Ausstellung "25 Jahre Grenzöffnung Nordhalben" in der Klöppelschule sorgten die Exponate für reichlich Gesprächsstoff unter den Gästen. Foto: Norbert Neugebauer
Bereits bei der Eröffnung der Ausstellung "25 Jahre Grenzöffnung Nordhalben" in der Klöppelschule sorgten die Exponate für reichlich Gesprächsstoff unter den Gästen. Foto: Norbert Neugebauer

Zeitdokumente  Als die Grenze fiel: Eine Fotoausstellung in der Klöppelschule in Nordhalben zeigt Momente voller Emotionen.

von unserem Mitarbeiter 
norbert neugebauer

Nordhalben — Dass vor 25 Jahren die Grenze fiel, die beiden deutschen Staaten in einer weltpolitischen Umwälzung wieder zusammenwuchsen und es seither nur noch eine freizügige, demokratische Bundesrepublik gibt, ist mittlerweile gelehrte Geschichte. Was damals im ehemaligen Grenzland passierte und welche unmittelbaren Folgen das hatte, daran erinnern sich diejenigen, die es miterlebten, wohl noch bis an ihr Lebensende.
Aber was ist mit der heutigen "U-35-Generation" - was weiß die von diesen schicksalhaften Tagen? Mehr als nur Schulbuchwissen? Überlieferte Erzählungen der Eltern und Großeltern, Stammtischerinnerungen, Bilder aus Fotoalben, oder vielleicht sogar eigene intensivere Beschäftigung mit dem Thema? Solche Fragen stellte sich Kreisheimatpfleger Hans Blinzler, als er um eine Fotoausstellungskonzeption zum Jahrestag der Grenzöffnung am Übergang Rodacherbrunn am 18. November 1989 bei Nordhalben gebeten wurde.

Jüngere sollen nachfragen

Blinzler, zuletzt Direktor der "Realschule I" in Kronach, war als ehemaliger Bundesgrenzschutzbeamter selbst noch "Grenzstreife" gelaufen und hat so einen sehr persönlichen Bezug zum Thema. Er will in der Schau den emotionalen Aspekt in den Vordergrund stellen. Diejenigen Besucher, die selbst dabei waren, sollen nah an die Fotos herangebracht werden und ihre Gefühle für die gezeigten Momente wiederaufleben lassen.
"Ich hoffe natürlich, dass sich auch möglichst viele Jüngere die Bilder ansehen. Und dass ohne viele Zahlen und Fakten, direkt über die Wirkung der Fotos, das Interesse zum Nachfragen über jene Tage geweckt wird. Die Erinnerung an die Teilung Deutschlands und das bis heute unfassbare Geschehen um das Verschwinden des Eisernen Vorhangs soll auch so an die nächsten Generationen weiter gegeben werden."
Zusammen mit NohA-Organisator Otmar Adler, seit seiner Jugend begeisterter Fotograf und Dokumentator seiner Heimatgemeinde, stellte der Heimatpfleger und Gemeinderat die Ausstellung über die Tage des Wendewinters 1989/90 im Haus des Gastes zusammen, unterstützt von fleißigen Helfern.
Dabei konnte er auf Aufnahmen von neun Autoren aus der Region zurückgreifen. Einer davon ist Reinhard Kübrich aus der thüringischen Nachbargemeinde Neundorf, der jahrzehntelang Zeitungs-Redakteur in Bad Lobenstein war. Er saß damit "drüben" an der Quelle, was einen umfassenden Rückblick aus nächster Nähe auf die Geschehnisse beiderseits des Grenzzauns ermöglichte, die mit den Demonstrationen in den Städten begannen.
Dazu kommen noch sieben weitere "West-Fotografen", die die spannenden Momente von der ersten Zaunöffnung, der Wiederherstellung der Verbindungsstraße, dem ersten "Ost-Touristen" auf dem Fahrrad am Übergang, den jubelnden Menschen, den endlosen Trabi- und Wartburgschlangen, den anstehenden Besuchern für das Begrüßungsgeld oder die Bewirtung im Haus des Gastes festhielten. Nur eines nicht: Das Gedränge und die Auszahler im Rathaus, den Geldinstituten und der Post zu dokumentieren, daran hatte wohl niemand gedacht.

Dankesbriefe an die Gemeinde

Aber dafür gibt es Briefe zu sehen, die Besucher an das Rathaus schickten. Darin bedanken sie sich für die herzliche Aufnahme, die kostenlose Verpflegung und das Durchhaltevermögen der diversen haupt- und ehrenamtlichen Helfer an allen Stellen. Außerdem zu sehen sind Zeitungsausschnitte, Dokumente und eine Seminararbeit von Raphael Wirth zum Thema.
Dass das alles bis heute nicht vergessen ist, zeigte sich bei der Feier zum 25. Jahrestag der Grenzöffnung, an der die Fotoausstellung den Gästen erstmals präsentiert wurde. Unter den Betrachtern waren manche, die auch auf den damaligen Fotos zu sehen sind, als Grenzpolizisten von "hüben" und "drüben", als Kommunalpolitiker und Bürgerrechtler, als Nachwachsende, die heute in verantwortlichen Positionen sind oder als "einfache Bürger", die sich in jenen Tagen zum ersten Mal frei und ungezwungen besuchen konnten. Die Bilder verfehlten ihre Wirkung nicht und sorgten für reichlich Gesprächsstoff.
Als Ergänzung wurden zwei Filme vorgestellt. Amateuraufnahmen zeigen das mit der "Grenzöffnung" erlebte Geschehen unmittelbar in und um Nordhalben, im gerade erst fertig gestellten Video "Stacheldraht und Minenfeld" von Public Adress R. Steiger werden die damaligen Geschehnisse an den deutsch-deutschen Grenzen der Landkreise Coburg, Kronach und Hof aufbereitet. Passend dazu bietet das der Klöppelschule angeschlossene Historische Ortsmuseum eine Abteilung zur Deutsch-Deutschen Grenzgeschichte mit Original-Exponaten. In der Internationalen Spitzensammlung der Klöppelschule ist derzeit die Sonderausstellung "Textile Schätze" mit Trachtenmode zu sehen.