Tausende setzen ein Zeichen

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Tausende Menschen haben am Samstag gegen die Gefahr einer Aushöhlung des demokratischen Rechtsstaats auf dem Maxplatz demonstriert.
Tausende Menschen haben am Samstag gegen die Gefahr einer Aushöhlung des demokratischen Rechtsstaats auf dem Maxplatz demonstriert.
Helmut Ölschlegel
In Anspielung auf einen bekanntgewordenen Deportationsplan der Neonazis haben die Demonstranten stattdessen: „Neonazis raus!“ gefordert.
In Anspielung auf einen bekanntgewordenen Deportationsplan der Neonazis haben die Demonstranten stattdessen: „Neonazis raus!“ gefordert.
 
Bei der größten Demonstration seit Jahren sind die Menschen durch die Luitpoldstraße in die Innenstadt gezogen, darunter auch Zweiter Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (vorne rechts hinter dem Transparent).
Bei der größten Demonstration seit Jahren sind die Menschen durch die Luitpoldstraße in die Innenstadt gezogen, darunter auch Zweiter Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (vorne rechts hinter dem Transparent).
Helmut Ölschlegel

Demonstration  Mit mahnenden Worten und eindringlichen Appellen haben am Samstag in Bamberg rund 6000 Menschen gegen Ausgrenzung und Faschismus sowie für ein Verbot der AfD protestiert.

Zu einem Protestzug, der sich vom Bahnhof über die Luitpold- und die Lange Straße bis zum Maxplatz bewegte, hatten bereits beim Neujahrsempfang der Stadt ausdrücklich auch Oberbürgermeister Andreas Starke ( SPD ) und Zweiter Bürgermeister Jonas Glüsenkamp (Grüne) aufgerufen. Organisiert hatte die Aktion die DGB Jugend, „Omas gegen Rechts“, „Fridays for Future“ und die Organisation „Seebrücke“, die sich für sichere Fluchtwege und gegen eine Kriminalisierung der Seenotrettung einsetzt.

Klare Botschaft im Grundgesetz

Starke erinnerte an das bevorstehende 75. Jubiläum des Grundgesetzes. Dieses enthalte die klare Botschaft: „Nie wieder“. „Deswegen stehen die Menschenwürde und die freie Entfaltung der Persönlichkeit an der Spitze dieser Verfassung“, sagte er. „Wenn eine Partei und ihre Politiker diese Werte massiv bekämpfen, dann müssen sich die demokratischen Kräfte erheben und mobilmachen“, mahnte Starke in Anspielung auf die in diesem Jahr Umfragen zufolge in drei ostdeutschen Bundesländern vor großen Wahlerfolgen stehende rechtsradikale AfD .  

Eine Sprecherin des bayerischen Flüchtlingsrats erinnerte an die kürzlich von dem Recherchenetzwerk Correctiv aufgedeckten Geheimpläne von Unternehmern und Neonazis , darunter Mitglieder aus AfD , der CDU-Ausgliederung Werteunion und aus der Identitären Bewegung.

Bei einem Treffen im November 2023 sollen sie die Vertreibung von Millionen Menschen mit Zuwanderungsgeschichte aus Deutschland besprochen haben. Die Sprecherin sagte dazu in Bamberg , die Deportationspläne zeigten, „dass AfD-Politiker eine faschistische , menschenverachtende und rassistische Agenda verfolgen. Sie sind überzeugt von einer Blut- und Bodenideologie.“

Der gesellschaftliche Diskurs um die großen Probleme der Gegenwart drohe immer mehr zu verrohen. Auf rechte Worte folge rechte Gewalt , mahnte die Sprecherin.  

Auf den Plakaten und Transparenten war zu lesen „Nazis essen heimlich Döner“, „Solidarisch statt solide arisch“ oder „Das B in AfD steht für Bildung“. Die 29-jährige Bambergerin Katharina sagte, „die aktuelle Entwicklung einfach hinnehmen, das funktioniert nicht mehr.“ Deshalb wolle sie ein Zeichen setzen zum Erhalt der Demokratie, „weil wir mehr sind“.

Der 35-jährige Johannes sagte, „die Vorzeichen sind ähnlich wie 1933. Ich habe Freunde, die sich fürchten, weil sie homosexuell sind oder Migrationshintergrund haben. Ich will, dass sie hier sicher leben können.“

Rechtsextremismus in Behörden

Bei der zentralen Kundgebung der Veranstaltung am Maxplatz warnten Sprecher der Flüchtlingshilfsorganisation Seebrücke vor einer Kriminalisierung von Seenotrettern. Im neuen Rückführungsverbesserungsgesetz könnten Rettungseinsätze für Flüchtende auf dem offenen Meer strafbar sein, weil nicht eindeutig zwischen Schleusungen und altruistischen Seenotrettungen unterschieden werde.

Ein Seebrücke-Sprecher namens René sagte, das Ausmaß der bekanntgewordenen Deportationspläne von Neonazis sei erschreckend, aber nicht überraschend. Er erinnerte an die Mordanschläge des nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und an die Attentate von Hanau. Ein großes Problem sei auch der verdeckte Rechtsextremismus in deutschen Behörden, nicht nur in der Polizei . „Damit sich Geschichte nicht wiederholt, muss sich Politik verändern, aber nicht dadurch, dass sie auf die Fantasien der Rechten zugeht, sondern von ihr weg“, forderte er.

Gegen rechts in Bamberg

Astrid Schön von den „Omas gegen Rechts“ sagte, inzwischen sei es fast salonfähig geworden, dass der Mitbegründer des völkischen Flügels in der AfD , Björn Höcke , Menschen „ausschwitzen“ möchte. „Und der Bamberger AfD-Landtagsabgeordnete Florian Köhler sekundiert dazu mit seiner Forderung vom Ausmisten für Deutschland“, kritisierte sie. Die CDU-Werteunion nannte sie einen „pervertierten Eigennamen“. In einem elitären Zirkel hätten Vertreter der in der Partei umstrittenen Ausgliederung in Potsdam „Wannseekonferenz gespielt“.

In der Wannseekonferenz waren am 20. Januar 1942 15 hochrangige Nationalsozialisten unter dem Vorsitz des SS-Obergruppenführers Reinhard Heydrich zusammengekommen, um den Völkermord an den Juden organisieren.

„Seit Jahren formiert sich eine Mischung aus querdenkenden, schwurbelnden Gruppierungen samt Reichsbürgern , Burschenschaften und der AfD gegen den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, sagte die Seniorin, „und die Parteien der angeblichen Mitte hecheln machtgeil hinterher“. Damit werde der Nährboden für Ausgrenzung und Menschenverachtung gedüngt. „Das treibt uns Omas auf die Straße.“