Mir geht längst der Ohrwurm mit den Fischen im Wasser, die an der Nordseeküste nur selten an Land sind, nicht mehr aus dem Sinn. Aber dann kommt mein großer Moment: Ich darf die fast 1000 Euro teure Angelrute schwingen. Gar nicht so leicht, denn die künstlichen Insekten ganz oben an der Angelspitze müssen trotz ihres geringen Gewichtes möglichst zielgerecht nach vorne geworfen werden.
Immer wieder schwinge ich die Rute. Vor und zurück. So beschleunige ich die orange Schnur, die unseren Köder möglichst weit ins Wasser transportiert. Am besten natürlich exakt ins Blickfeld eines hungrigen Fisches. Jetzt lasse ich nicht mehr locker: Immer wieder vor und zurück - das macht Spaß, das bringt Glück! Aber nur vielleicht, denn gerade Anfänger müssen eine hohe Frustrationstoleranz haben.
Wer allerdings glaubt, dass die Fangquote mit einer Fliegenrute geringer ist, der irrt. Mir kommt es darauf aber gar nicht an: Dieser Moment löst viel mehr ein Gefühl von Freiheit, Ruhm und Stolz aus. Wie ein Cowboy stehe ich mitten im Wasser und schwinge "mein Lasso". Hier in der Steinach, wo sonst nur mein treuer Setter-Mischling Rio mutig baden geht und exakt da, wo am Kerwa-Sonntag ein lustiges Rennen mit gelben Plastikenten stattfindet, bin ich plötzlich Chef im Revier. Wenn mich jetzt Rio so sehen würde ...
Eine Kunst, die Spaß macht
Doch zurück zum Fliegenfischen: Diese Art von Angeln ist zweifelsohne eine Kunst, die einem Anfänger sofort Spaß und gute Laune macht. Ganz egal, ob ich jetzt einen Fisch fange oder nicht. Das Töten ist ja eh nicht mein Ding. Auch Herold kommt jetzt ins Schwärmen: "Die Natur ist unser Hab und Gut", philosophiert er. Es sei einfach schön hier draußen. Ein wunderbares Hobby. Gerade in diesen verflixten Corona-Zeiten. Für den Petri-Jäger wird der Fischfang manchmal auch zur Nebensache. Dann nämlich wenn er alleine unterwegs ist, um sich, wie er sagt, "selbst wiederzufinden".
Einen 1,05 Meter langen Hecht am Haken
Aber natürlich hat dieser ausgepuffte Fisch-Fänger auch schon oft genug fette Beute gemacht: Einen 1,05 Meter langen Hecht zog er aus dem Main. Karpfen, Waller, Rapfen, Döbel, Barsche und Zander fängt er mit seiner Fliegenrute. Seine "Waffe" muss gar nicht teuer sein. Für den Anfänger braucht es ja nicht gleich das "Ferrari-Gerät", wie Herold seinen dünnen Stab mit Spezial-Korkgriff nennt. Eine gute Ausrüstung für das Fliegenfischen sei nicht teurer als andere Angelausrüstungen. "Mit 600 Euro bist du gut dabei", will er mich ködern. Doch da bin ich raus. Ich beabsichtige nicht, den notwendigen Fischereischein zu erwerben und besitze auch keinen Erlaubnisschein. Mein Abenteuer neigt sich nach gut drei Stunden dem Ende entgegen.
Mein Fazit: Das Fliegenfischen ist mehr als nur Angeln. Für viele eine große Leidenschaft. Für mich war diese besondere Form spannend, jedenfalls eine sehr lebendige Methode, um auf Fischjagd zu gehen. Ganz ohne diese dicken, glitschigen Würmer. Das Nutella-Glas habe ich trotzdem noch geöffnet und alle Regenwürmer ins Wasser geschmissen. Vielleicht macht ein Fisch fette Beute ...