Am Bibersee scheiden sich die Geister

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Der Bibersee vor der Öffnung des Biberdamms (großes Bild) und nach der Öffnung.
Der Bibersee vor der Öffnung des Biberdamms (großes Bild) und nach der Öffnung.
 
Eine geöffnete Stauung im Seegraben bei Großwenkheim.
Eine geöffnete Stauung im Seegraben bei Großwenkheim.
 

Immer wieder sorgt der Biber für Konflikte zwischen Landwirtschaft und Naturschutz. In Großwenkheim hatte der Nager drei Hektar Fläche unter Wasser gesetzt.

Biber sind dabei, die Landschaft rund um Großwenkheim deutlich zu verändern. Mit einer Fläche von rund drei Hektar hatten Nager in der Gemarkung "Seegraben" kurzzeitig die größte, von Bibern gestaltete Wasserfläche im Landkreis geschaffen. Zwischenzeitlich ist der See aber wieder ein ganzes Stück geschrumpft. Das ist nun wiederum ein Werk von Menschenhand. Mit einem Bagger wurden die Staudämme der Biber durchlässig gemacht, damit das Wasser ablaufen kann. Jetzt muss geklärt werden, wie es mit dem Bibersee in Großwenkheim weiter geht.
Die Wasserfläche ist ein typisches Beispiel für den Konflikt zwischen Naturschutz und Landwirtschaft. Der Seegraben ist ein ausgeklügeltes Drainage-System, das die in einer Senke gelegenen Ackerflächen zwischen Großwenkheim, Rindhof und Großbardorf entwässert. Und genau in diesen Seegraben ist auch der Biber eingewandert und hat ihn an mehreren Stellen aufgestaut.
Am tiefsten Punkt sind dabei landwirtschaftliche Wiesenflächen in einen See verwandelt worden. Seit November ist der See immer größer geworden. Vermutlich befindet sich die Wasserfläche an einer Stelle, wo früher bereits ein Teich oder Ähnliches gewesen sein könnte. Denn der Flurweg wirkt an dieser Stelle wie ein Damm. Auch der Name Seegraben könnte dafür sprechen. Seit wann es diese Senke samt Damm gibt, ist nicht bekannt. Der Name Seegraben taucht auf jeden Fall im Urkataster des 19. Jahrhunderts noch nicht auf, so die Auskunft vom Landratsamt.
Nun stellt sich die Frage, was mit dem See geschieht. "Dieses Thema befindet sich derzeit in Verhandlungen", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme von Lena Pfister, der Pressereferentin des Landkreises.
Man wolle sich nun mit den Vertretern der Landwirtschaft an einen Tisch setzen, betont 2. Bürgermeister Michael Kastl. Die Stadt ist in diesem Fall mit im Boot, weil die Wiesenflächen, auf denen der See entstanden ist, ihr Eigentum sind.
Das Angebot, sich an einen Tisch zu setzen, hatte der örtliche Obmann des bayerischen Bauernverbandes, Martin Geßner, bislang vermisst. Auf Anfrage dieser Zeitung hatte er sich beklagt, dass die Landwirtschaft die ganze Zeit außen vor geblieben ist, obgleich das Problem schon im November aufgefallen ist und jetzt im Frühjahr immer dringlicher wird.


Strenger Schutz

Der See sei sicherlich schön, meint Geßner. Doch müsse geklärt werde, wie es mit der Landwirtschaft in diesem Gebiet weitergehen soll, wenn die Wasserfläche erhalten bleibt und der Biber hier weiter leben darf. Denn der Nager genießt Schutz. Selbst Biberburgen und -dämme, die Ackerland überfluten, dürfen nur in Ausnahmefällen entfernt werden.
Die Wiesen, auf denen sich der Bibersee gebildet hat, sind verpachtet. Keiner weiß nun, ob die Stadt auf ihre Pacht verzichten wird oder ob es Entschädigungen für die Landwirte gibt. Denn die Wiesen seien auch bisher in Naturschutzprogrammen aufgenommen gewesen. Dazu müssten jetzt die Anträge gestellt werden.
Martin Geßner bewirtschaftet selbst einen Acker, der unmittelbar an den Uferbereich des neuen Sees heranreicht. Bleibt die Wasserfläche, würden sich für ihn ganz andere Vorschriften für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ergeben. Denn diese sind der Nähe von Gewässern stark reglementiert. Geßner hätte deutlich weniger Wertschöpfung aus dieser Fläche als bislang.


Landwirtschaft zurückgedrängt

Weil der Biber seit Herbst mehrere Dämme im Seegraben gebaut hat, gibt es zudem Probleme mit weiteren Äckern in Richtung Großbardorf. Auf manchen Feldern steht das Wasser - und das war bereits noch vor dem Regen der letzten Tage. Betroffen sind im Extremfall 28 Hektar landwirtschaftlicher Fläche. Geßner macht sich Sorgen, dass die Landwirtschaft immer weiter zurückgedrängt wird zugunsten des Bibers. Dabei, so der BBV-Obmann, sollte man nicht vergessen, dass die Landwirtschaft ebenfalls ein wichtiger Landschaftsgestalter sei.
"Der Biber schafft Fakten", stellt Michael Kastl fest. Man müsse sich einfach darauf einstellen, dass er hier in der Region aktiv ist, so Kastl.
In den nächsten Wochen müsse mit den Landwirten zusammen geklärt werden, wie dringend sie diese Wiesen-See-Fläche für ihre Nutzung braucht. Eine Überlegung sei, dass hier langfristig ein Biotop entsteht. Das könnte gleichzeitig als Ausgleichsfläche für andere Baumaßnahmen dienen. Solche Flächen suche die Stadt immer, ergänzt Kastl. Vielleicht gebe es dann so etwas wie einen temporären See in der Großwenkheimer Flur.
Ungeachtet des schwelenden Konflikts hatte die Tierwelt schnell ihren Gefallen an der neuen Wasserfläche gefunden. Es wurden in den letzten Wochen bereits drei Nilgänse, neun Bekassinen und weitere Vögel beobachtet.
Der Biber wird in Zukunft im Landkreis Bad Kissingen wohl noch häufig Naturschutzbehörde und Landwirtschaft beschäftigen. Laut der Kartierung 2016 gibt es mittlerweile 68 Reviere verteilt über den gesamten Landkreis. In einem Revier leben durchschnittlich 3,3 Biber. 2011 wurden nur 34 Reviere erfasst. Durch das Bibermanagement werde versucht, die Konflikte zwischen Landwirtschaft und Naturschutz zu entschärfen, so die Stellungnahme des Landratsamtes Bad Kissingen.