Zu diesem Zeitpunkt wusste der Kampfkommandant und die Kompanieführer des Volkssturms bereits, dass amerikanische Panzer aus Richtung Trailsfeld im Anmarsch waren. Ein Motorradfahrer hatte das im "Braunen Haus", der Forchheimer NS-Parteizentrale, gegen 18.30 Uhr gemeldet.
Zuspitzung der Krise
Tagsüber hatte sich am 14. April die Situation dramatisch zugespitzt. Ein Tiefflieger hatte beim Angriff auf den Bahnhof eine Frau getötet. Sollten jetzt die in vier Lazaretten untergebrachten 1100 Kriegsverletzten ausgelagert werden? Am Vortag hatte die NS-Kreisleitung schon selbst das Weite gesucht. Aber Transportmittel standen nicht mehr zur Verfügung.
Der Kampfkommandant entschied, die Stadt mit allen Mitteln zu verteidigen, und gab Befehl, die elf Brücken zu sprengen, die in die Stadt führten. Da war aber bereits "lebhaftes Maschinengewehrfeuer aus Richtung Buckenhofen zu hören", berichtete später Amtsgerichtsdirektor Karl Poiger.
Er selbst bewachte bei Einbruch der Dunkelheit als Zugführer mit einer Volkssturmkompanie die Panzersperren am Kanal zwischen Bamberger Straße und Schleuse am Friedhof. "Das Wahnsinnige der Situation und die Vision einer sinnlos in Trümmer gelegten Stadt ließen mir keine Ruhe", schreibt Poiger. "Was mir bis dahin unbestimmt als ein möglicher Ausweg vorgeschwebt hatte, war nun zum Entschluß gereift. Eine höhere Führung mußte mich", meinte er, "ausgerechnet am letzten für Forchheim entscheidungsvollen Tag auf diesen Posten berufen haben."
Er hatte Glück, als er seinen Stellvertreter, den Oberfeldwebel Johann Kaul aus Kunreuth, ins Vertrauen zog und sie dann beide als ein "Verschwörerpaar" über alles Standrecht hinweg den Kontakt zum anrückenden Feind suchten. Mit Fahrrädern machten sie sich auf den Weg in Richtung Hirschaid. Sicherheitshalber vergrub Poiger das weiße Handtuch, das ihm seine Frau mitgegeben hatte, bei Eggolsheim, weil ihm das dann doch zu gefährlich schien, wenn er einer der kontrollierenden SS-Streifen in die Hände fiel. Jenseits von Kanal und Fluss hörten sie das "Gerassel der feindlichen Fahrzeuge", die Kurs auf Buckenhofen nahmen.
Kurz vor Hirschaid, das "an vielen Stellen" brannte, wurden sie von zwei farbigen Soldaten festgenommen. Poiger drängte penetrant darauf, zur Stabsführung vorgelassen zu werden. Der aus dem Schlaf gerissene Kommandeur zeigte aber zunächst wenig Verständnis, von einem Bombardement Forchheims abzusehen. Schließlich seien alle Brücken gesprengt, Panzersperren errichtet und an der Regnitzbrücke heftig zurückgeschossen worden. Erst ein Kniefall habe dann den Kommandeur nach stundenlanger Auseinandersetzung dazu gebracht, ohne vorausgehenden Beschuss auf die Stadt vorzugehen. Trotzdem erkundete ein amerikanischer Spähtrupp erst die Lage. Er gelangte frühmorgens ohne Weiteres über die Gleise auf einer Draisine in die Stadt. Ihm folgte Oberleutnant Richard W. Rosebury mit sechs von einer Diesellokomotive gezogenen Waggons. Er sollte über Forchheim hinaus bis Baiersdorf fahren, hier und bei Möhrendorf die drei Brückenpaare über Regnitz und Ludwigkanal sichern, gegebenenfalls die Gleise reparieren und dann auf der Ostseite einen Brückenkopf errichten.
Rosebury stoppte aber schon am Güterbahnhof in Forchheim - aus welchen Gründen auch immer -, drang von hier aus in die Stadt ein und machte "im Kampf von Haus zu Haus" - wie er berichtete - 75 Gefangene.
Zeitzeugen ist von solchen Kämpfen nichts bekannt, wohl aber von heftigem Gewehrfeuer von Burk her in die Sattlertorstraße. Hier zählte ein 17-Jähriger "zwischen 9 und 11 Uhr" 27 Mann eines Stoßtrupps, der "beidseits der Sattlertorstraße von Deckung zu Deckung huschte." Zuvor hatte es in Burk und an der Regnitzbrücke zwei Tote gegeben. Zwei Volksturmleute fielen, weil sie ihre Stellung an den Panzersperren nicht aufgaben: Konrad Pfister und Josef Backer. Ein weiterer Volkssturmmann, Konrad Backer, verlor am Vormittag des 15. April in der Wiesentstraße sein Leben. Er hatte "auf einen Anruf der amerikanischen Soldaten nicht reagiert".
Kampflose Übergabe
Im Laufe des Vormittags rollten dann Panzer in die Stadt. Schritt für Schritt wurden Ämter besetzt und Gebäude durchsucht. Während die Einheimischen nur vorsichtig aus ihren Verstecken kamen, feierten die polnischen und russischen Zwangsarbeiter mit den Amerikanern und großem Geschrei erste Brüderschaften.
Offiziell übergab der Stadtkämmerer Schwarz um 14 Uhr die Stadt an die Siegermacht. Er hatte von dem geflohenen Nazi-Bürgermeister Förtsch die Stadtverwaltung übernommen und musste nun diesen bitteren Akt vollziehen.
Karl Poiger, der die kampflose Übergabe erst möglich gemacht hatte, saß zu dieser Zeit zusammen mit Johann Kaul und weiteren deutschen Offizieren in der "Gefangenensammelstelle" in Amlingstadt. Er sollte noch durch das Korps vernommen werden, wurde aber immer wieder vertröstet. "Ich sprach mit Kaul", erzählt Poiger. "Der meinte, man müsse eben warten. Von einer gemeinsamen Flucht wollte er nichts wissen. Ich war anderer Meinung."
Am Nachmittag flüchtete Poiger, versteckte sich in einer Hecke bis zum Einbruch der Nacht und kehrte dann "am frühen Morgen des übernächsten Tages mithilfe guter Menschen und nach einem Nachtmarsch über Stock und Stein wieder nach Forchheim zurück".