Affen, Kater, Zungenblecker

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Jedes Jahr pünktlich zur Kulmbacher Bierwoche stellen die vier Brauereien wieder ihre historischen Holzfässer auf. Das Fass der Reichelbrauerei zieren neben dem Brauerei-Wappen noch drei skurrile Bilder.

Aufgestellt wurde dieses Fass erstmals am 11. März 1950 auf der Rathaustreppe, aber zunächst nicht für das beliebte Kulmbacher Bierfest, sondern für das FFF - das "Fassmann-Fleischmann-Fest" welches am 18. und 19. März 1950 im Vereinshaus gefeiert wurde.
Das auf dem Marktplatz aufgestellte Prunkfass der Reichelbräu lädt zum bevorstehenden "Fassmann-Fleischmann-Fest" ein. Der Entwurf stammt von dem in Kulmbach längst durch seine hervorragenden Arbeiten bekannt gewordenen Bamberger Künstler Hans Waltenberger. Die ausgezeichneten Holzschnittarbeiten wurden von dem aus Westfalen zugezogenen Bildhauer Bernhard Liesenkötter in dessen Werkstatt in Kulmbach, Kalte Marter ausgeführt.
Sowohl beim Entwurf als auch bei der Ausführung handelt es sich um erstklassige künstlerische Wertarbeit. Interessant und lustig wirkt der sogenannte "Bier- Hymnus in B-Dur" auf dem Riegel des Fasses. Hier beginnt jedes Wort mit einem B:
"Brauchbare Bierbrauerburschen bereiten beständiges, braunes, bayerisches Bier, bekanntlich besonders billiges Bedürfnis begnügsamer, brüderlich behaglich beisammenbleibender Bürger.
Betörte, bierfeindliche Bacchusbrüder behaupten bisweilen bestimmt, bayerisches Bier berausche bald, beraube besseren Bewusstseins, beschränke blühende Bildung, begründe breite Bäuche, befördere blinden Blödsinn! Biedere Biertrinker! Bevor Beweise besseres bewähren, bleibt beigestellt beim braunen Becherblinken, bleibt bayerische Bierfreunde beim bayerischen Bierwirt!"


Schwere Arbeit am Eichenholz

Die Gestaltung des Bodens des Prunkfasses der Reichelbräu war eine jener seltenen Gelegenheiten für den Bildhauer, eine von ihm kaum gezeigte Technik in hoher Vollendung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Herausarbeiten der plastischen Stadtansicht und des Wappens aus erstklassigem Eichenholz mit der gelungene Oberflächenbehandlung des stumpfen Holzes ist dem Künstler wunderbar gelungen.
Das fertige Fass verrät kaum mehr, dass der Boden aus einzelnen, recht dünnen Brettern zusammengesetzt werden musste. Das Werk wirkt wie aus einem Guss.
Das "Zungenbleckende" Gesicht ist ein Maskaron. Diese fanden Anwendung zur Abwehr von bösen Geistern. Könnte doch ein solcher unser gutes Bier verhunzen. Seine Zunge wird sehr gerne als Andenken "ausgeliehen" ist sie doch das Spundloch des Fasses.
Am Fass-Bock hat der Künstler links einen Affen und rechts einen Kater geschnitzt. Ob es von ihm so gewollt war, kann man nicht mehr beantworten. Aber die Kulmbacher deuten es so: "Erst hast vom Bier trinken an Affen und am nächsten Tag einen Kater".


Liesenkötter kein Unbekannter

Unbekannt ist der Künstler Bernhard Liesenkötter in Kulmbach nicht, gab es doch auch auf der Plassenburg nach dem Krieg beachtliche Ausstellungen seiner Werke. Groß ist die Spannweite seiner künstlerischen Fähigkeiten, die gleichermaßen Stein, Ton und Holz zu beseelen vermag. Er lebte in bescheidenen Verhältnissen und wie so viele andere Künstler kämpfte er so manches Mal um seine Existenz.