35-Millionen-Euro-Projekt

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Diese Häuser hat das Evangelische Siedlungswerk auf dem alten Hallenbadgelände in Forchheim errichtet. Symbolfoto: Josef Hofbauer
Diese Häuser hat das Evangelische Siedlungswerk auf dem alten Hallenbadgelände in Forchheim errichtet.  Symbolfoto: Josef Hofbauer

Das Evangelische Siedlungswerk stellt Pläne vor, wie entlang des Igelsdorfer Wegs 110 bis 120 Wohnungen in Geschossbauweise entstehen sollen. Die Baiersdorfer Räte schrecken auf.

Die Frage nach den Entwicklungsmöglichkeiten von Baiersdorf angesichts dessen leer gefegten Wohnungsmarkts war Stadtratsthema Nummer 1. Konkreter Anstoß war die Vorstellung des Evangelischen Siedlungswerks (ESW) durch Klaus Kräutner, Chef der Bauträgerabteilung, in der Sitzung.

Als Baiersdorf nach Grundstücken für einen weiteren Kindergarten suchte, kamen auch die Liegenschaften der Pfründerstiftung ins Gespräch. Daraus entstand die Nachfrage durch Bürgermeister Andreas Galster (CSU), ob das Gelände östlich des Reichel-Grundstücks am Igelsdorfer Weg und am potenziellen Standort einer neuen Grundschule zu den Entwicklungsüberlegungen der Wohnungsbaugesellschaft gehöre.

Kirchliches Eigentum sind dort zwei Grundstücke. Die vier privaten Eigentümer dazwischen haben laut Kräutner ebenfalls Interesse an einer Grundstücksentwicklung. Die Fläche beträgt 38 000 Quadratmeter, abzüglich der Flächen für Gemeinbedarf wie Straßen liegt sie bei 27 000 Quadratmetern.

Das ESW, das in ganz Bayern 4700 vermietete Wohnungen hat, will auch in Baiersdorf Mietobjekte bauen. Entlang des Igelsdorfer Wegs, zwischen der Einmündung der Baiersdorfer Straße aus Igelsdorf und des Birkenwegs, sollen 9500 Quadratmeter Wohnfläche oder 110 bis 120 Wohnungen in Geschossbauweise entstehen. Das Projektvolumen bezifferte Kräutner mit 35 Millionen Euro. Mehr auf Igelsdorf zu sollen sich Reihen- und Doppelhäuser anschließen. 30 Wohnungen sollen barrierefrei sein; 20 Prozent sollen entsprechend dem Stadtratsbeschluss dem geförderten Wohnungsbau unterliegen. Die Erschließung übernähme das Siedlungswerk.

Allein schon die Größenordnung des Vorhabens schreckte weite Teile des Stadtrats auf. Die SPD möchte das Vorhaben nicht isoliert betrachten, sondern generell den Weg über einen neuen Flächennutzungsplan gehen. Hierfür gewann sie den gesamten Rat. Die heftigste Ablehnung äußerte Erika Baier (CSU), die Igelsdorf im Rat vertritt: "Ich will mein Igelsdorf sehen; das ist viel zu groß und passt da nicht hin." Jürgen Maiß (FWG) erinnerte an die Folgen für die Infrastruktur: "Es hängt mehr daran, als dass man ein Baugebiet hinsetzt." Julia Seidel (FDP) hatte zwar von dem ESW einen guten Eindruck, schließt aber genau dieses Gebiet aus, weil es Belüftungsraum bleiben müsse.

Woanders nicht interessiert

An einer anderen Stelle, bekundete Kräutner, dürfte sein Haus wohl nicht interessiert sein, denn da müsste Grund erworben werden. Zudem wolle man nicht "kleckerlesweise" anfangen mit einer Bebauung nur entlang der Straße. Er sieht dabei auch die Aspekte Flächenverschwendung und Mangel an bezahlbarem Wohnraum.

"Ein bisschen bremsen", forderte gleichwohl Baier und erhielt Beifall aus den Zuschauerreihen. Bürgermeister Andreas Galster konterte scharf: "Alle, die geklatscht haben, wohnen in eigenen Häusern. Wenn es ernst wird in der eigenen Stadt, dann herrscht großes Schweigen."

Für Matthias Götz (SPD) wird mit dem neuen Vorhaben eine Grenze überschritten, nachdem schon fortlaufend kleinere Projekte verwirklicht wurden und werden. Er sah Galsters Reaktion als "moralisch getönten Vorwurf", der Stadtrat käme seiner Aufgabe nicht nach.

Jan Voit (FW) fragte nach Auswirkungen und Konsequenzen, denn bisher habe man nur auf Investoren reagiert. Kräutner hält das Heizwerk in der Nähe für gut. Laut Galster reicht die Kapazität der Kläranlage und der Wasserförderung durch die Leithenberg-Gruppe.

Galster erinnerte an den Schulhausbau in den 60er Jahren in der Bodenschatzstraße. Die Grundschule sei dort zu einem Katalysator der Entwicklung und Verdichtung geworden. Und er verwies auf die Idee von Baiersdorf-Neustadt, als mit der Gebietsreform Hagenau und Igelsdorf Baiersdorf zugeschlagen wurden.

Inhaltlich schloss sich die Diskussion über den zweiten SPD-Antrag sofort an. Die Sozialdemokraten wollten die bisherige Praxis fixiert haben, wonach neues Baurecht in Übereinstimmung mit dem Flächennutzungsplan nur dann geschaffen werden soll, wenn die Grundstücke in städtischem Besitz seien. Ausnahmen sind nur Einzelfälle bei kleinen Flächen und vorhabenbezogene Bebauungspläne. Bis auf zwei Ratsmitglieder tragen alle diesen Beschluss mit, weil er die Planungshoheit sichere und sie verwirkliche.

Entschieden wies Jürgen Maiß die neuerlichen Vorwürfe Baiers als abwegig zurück. Sie hatte vorgetragen, dass so die Möglichkeit verbaut sei, dass ein junger Mensch einen günstigeren Bauplatz von der Stadt erhalte. "Und die Immo-Haie machen das Geschäft", kritisierte die Stadträtin.

Maiß verwahrte sich gegen den Vorwurf, "die Stadt habe sich an der Bergstraße bedient". Die Bergstraße in Igelsdorf ist eines der Vorhaben, die Baiersdorf umgesetzt hat, indem die Kommune Grundstücke erwarb und diese zu einem Baugebiet entwickelte.